Was sich hinter Erbschleicherei verbirgt und ob es legal ist erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Was unter Erbschleicherei eigentlich zu verstehen ist, wird nicht im Gesetz geregelt. Bevorzugte Opfer von Erbschleichern sind zumeist einsame wohlsituierte Erblasser sowie deren nahestehende Verwandte. Dabei geht es darum, dass sich Erbschleicher das Vertrauen des Erblassers erschleichen, um bei seinem Tod den Nachlass zu erwerben.
Das Problem besteht darin, dass es im deutschen Erbrecht die sogenannte Testierfreiheit gibt. Testierfreiheit bedeutet, dass man eine beliebige Person als Erben einsetzen darf. Es muss sich dabei nicht um Verwandte handeln. Diese haben dann je nach ihrer Stellung allenfalls einen Anspruch auf ihren Pflichtteil. Diesen müssen sie gegenüber dem Erben geltend machen. Dabei ist der Pflichtteil lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch, der auf einen bestimmten Geldbetrag ausgerichtet ist.
Wie Erbschleicher vorgehen
Diese Testierfreiheit wird von Erbschleichern ausgenutzt. Ihr Handeln besteht darin, dass sie den Erblasser so geschickt manipulieren, dass dieser eigentlich gar nicht kraft seines freien Willens handelt. Ihnen gelingt das dadurch, dass sie zunächst einmal eine Nähebeziehung zum Erblasser herstellen. Wenn ihnen das gelungen ist, versuchen sie den Kontakt zu den Angehörigen zu unterbinden. Sodann versuchen sie den Erblasser dazu zu bringen, zu ihren Gunsten ein Testament aufzusetzen, in dem sie idealerweise als Alleinerbe eingesetzt werden. Besonders beliebt ist dabei das eigenhändige Testament. Häufig stellt sich erst nach dem Tod des Erblassers heraus, dass es ein solches Testament gibt.
Anfechtung von Testament
Wer als Angehöriger den Verdacht hat, dass der Erblasser das Opfer eines Erbschleichers geworden ist, sollte sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen. Zunächst ist denkbar, dass das Testament wegen Formfehlern unwirksam ist. Wenn nicht, kann es unter Umständen wegen Irreführung beziehungsweise Drohung gem. § 2078 BGB anfechtbar sein. Eine solche Anfechtung ist normalerweise nur innerhalb eines Jahres möglich, nachdem von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt wurde.
Erbschleicher kann erbunwürdig sein
Des Weiteren kann ein Erbschleicher auch als erbunwürdig anzusehen sein.
Erbunwürdig ist gem. § 2339 BGB:
- wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
- wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich gehindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
- wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
- wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
Machen sich Erbschleicher strafbar?
Erbschleicherei ist nicht ohne Weiteres strafbar. Denn es gibt keinen eigenen Straftatbestand, der dies Verhalten unter Strafe stellt. Gleichwohl kann ein Erbschleicher unter Umständen einzelne Straftatbestände verwirklichen. Sofern er den Erblasser unter Druck setzt, kann dies etwa eine Nötigung im Sinne von § 240 StGB darstellen. Wenn er ihn getäuscht hat, könnte hierin ein Betrug gem. § 263 StGB liegen. Sofern er das Testament einfach selbst aufsetzt oder einzelne Worte ändert, kommt eine Urkundenfälschung gem. § 267 StGB in Betracht. Sofern er sogar versucht den Erblasser zu töten, kommt eine Bestrafung wegen versuchten Mordes gem. § 211 StGB infrage.
Fazit:
Vor einer solchen Anzeige sollten sich Angehörige beraten lassen. Denn sie sollten diesen Vorwurf auch belegen können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie wegen falscher Verdächtigung angezeigt und bestraft werden. Die Feststellung der Erbunwürdigkeit kann beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Aber auch hier macht eine Unterstützung durch einen Rechtsanwalt häufig Sinn.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)
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