Strafrecht

Erkennungsdienstliche Behandlung bei Klimaaktivistin rechtmäßig

16.08.2023
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Zuletzt bearbeitet am: 27.11.2023

Trier (jur). Blockiert eine Klimaaktivistin wiederholt den Straßenverkehr und hindert sie zeitweise auch noch einen im Einsatz befindlichen Rettungswagen an der Weiterfahrt, darf die Polizei sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen. Gebe es hinreichende Anhaltspunkte für eine drohende Wiederholung ähnlicher Aktionen, ist das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt, entschied das Verwaltungsgericht Trier in einem am Freitag, 11. August 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 8 K 1253/23.TR). 

Die 19-jährige Klägerin hatte in der Vergangenheit gemeinsam mit anderen Klimaaktivisten mehrfach mit Straßenblockaden gegen die ihrer Meinung nach unzureichende Klimaschutzpolitik demonstriert. So hatte sie auch im Juni 2021 an einer Blockadeaktion am Moselufer in Trier teilgenommen. Im gesamten Stadtgebiet kam es zu Staus. 

Zeitweise wurde ein Rettungswagen im Einsatz an der Weiterfahrt gehindert. Obwohl die Polizei auf den Notfall hinwies, blockierten die 19-Jährige und weitere Demonstranten die Straße. Das hierzu eingeleitete Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Außerdem wird wegen des Verdachts der Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gegen sie ermittelt. 

Das Polizeipräsidium Trier ordnete darauhin eine erkennungsdienstliche Behandlung an. Von der jungen Frau wurden Finger- und Handflächenabdrücke genommen, Lichtbilder angefertigt und äußere körperliche Merkmale festgestellt. 

Dagegen klagte die 19-Jährige. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig und nicht notwendig gewesen. 

Dem widersprach das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. August 2023. Es bestehe ein hinreichender Tatverdacht im Hinblick auf die der Klägerin vorgeworfene Nötigung. Es sei auch strafrechtlich als „verwerflich“ anzusehen, dass sie wissentlich einen im Einsatz befindlichen Rettungswagen an der Weiterfahrt gehindert und dabei Gesundheit und Leben unbeteiligter Dritter in Kauf genommen habe. 

Dieses Verhalten sei nicht mehr von der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit gedeckt. Die Persönlichkeitsstruktur der Frau und die in der Folgezeit gegen sie eingeleiteten Ermittlungsverfahren ließen auf eine Wiederholungsgefahr schließen. Sie habe ihre Vorgehensweise über die Jahre verfestigt und habe sich so radikalisiert, dass sie zu strafbaren Verhalten übergegangen sei. 

Die erkennungsdienstliche Behandlung sei daher gerechtfertigt, zumal es sich bei der Anlasstat auch nicht mehr um typische Jugendkriminalität handele. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Lukassek - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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