Allgemein

EuGH: EU-Staaten können sich nicht auf höhere Gewalt berufen

Zuletzt bearbeitet am: 03.01.2024

Luxemburg (jur). EU-Staaten durften die Verbraucherschutzregeln für Pauschalreisen auch während der Coronapandemie nicht einschränken. Insbesondere Regelungen, die bei einer Annullierung die Pflicht zur Preiserstattung ausgesetzt oder gar aufgehoben haben, waren unzulässig, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag, 8. Juni 2023, in Luxemburg (Az.: C-407/21 UFC und C-540/21). Er verwarf damit Schutzbestimmungen für die Veranstalter in Frankreich und der Slowakei. 

Frankreich hatte für die Veranstalter eine Gutscheinregelung eingeführt. Den Reisepreis mussten sie erst später erstatten, wenn der Gutschein während seiner 18-monatigen Laufzeit nicht eingelöst wurde. In der Slowakei mussten Pauschalreisende einseitige Vertragsänderungen hinnehmen oder sogar eine Ersatzreise akzeptieren. 

Dagegen klagte in Frankreich ein Verbraucherschutzverband, gegen die Slowakei klagte die EU-Kommission. 

Wie nun der EuGH entschied, waren beide Regelungen unzulässig. Bei Annullierung einer Reise sehe die Pauschalreiserichtlinie die Erstattung vor. „Der Unionsgesetzgeber hat nicht gewollt, dass diese Verpflichtung durch eine Leistung in einer anderen Form, wie zum Beispiel das Angebot eines Gutscheins, ersetzt werden kann“. Dies sei nicht mit dem Ziel der Richtlinie „eines hohen und möglichst einheitlichen Verbraucherschutzniveaus“ vereinbar. 

Anders als insbesondere Frankreich meinte, können sich solche Regelungen auch nicht auf „höhere Gewalt“ stützen. Denn die Pauschalreiserichtlinie sehe eine Erstattung auch bei „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen“ vor. Dies meine, konkret bezogen auf Pauschalreisen, nichts anderes als sonst der Begriff der höheren Gewalt. 

Auch die Sorge vor schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Reiseveranstalter könne derartige Regelungen nicht rechtfertigen. Statt den Verbraucherschutz einzuschränken, hätten beide Länder die Reiseveranstalter auch mit Beihilfen über Wasser halten können, betonte der EuGH. 

 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Kasto - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Familienrecht OLG Frankfurt entscheidet: Getrenntleben trotz gemeinsamer Wohnung möglich

In einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az.: 1 UF 160/23 ) wurde der Trennungszeitpunkt innerhalb einer Ehe neu bewertet, auch wenn die Eheleute weiterhin unter einem Dach lebten. Getrenntes Leben trotz gemeinsamer Wohnung: Wann endet die Ehegemeinschaft? Die Ehepartner waren weiterhin in einer gemeinsamen Wohnung ansässig, führten jedoch ein voneinander unabhängiges Leben. Die Kernfrage bestand darin, ab wann die eheliche Gemeinschaft als aufgelöst betrachtet werden kann, insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Auskunftspflichten bei einer Scheidung. Laut § 1379 BGB ist nach der Trennung eine Auskunft über das Vermögen zu ... weiter lesen

Allgemein AGB - Definition, Inhalte und Bedeutung laut Gesetz einfach erklärt

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind ein fundamentaler Bestandteil des Vertragsrechts, der die Grundlage für zahlreiche Geschäftsvorgänge bildet. Sie regeln die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien und sorgen für eine effiziente Abwicklung von Transaktionen. Eine klare Definition und Verständlichkeit von AGBs sind wesentlich, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und Konflikte zu minimieren. Die Herausforderung ist, diese Rahmenbedingen klar, umfassend und verständlich zu formulieren. Definition: Was sind AGBs? AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen , die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrages vorgibt. Sie bilden die ... weiter lesen

Sozialrecht Verwaltungsgericht Aachen: Hautkrebs eines Polizisten keine Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 1 K 2399/23 ) die Hautkrebserkrankung eines ehemaligen Polizisten nicht als Berufskrankheit anerkannt. Polizist fordert Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit Ein langjähriger Polizeibeamter, der nahezu sein ganzes Berufsleben im Streifendienst verbrachte, forderte die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Betroffene argumentierte, während seiner fast 46 Dienstjahre hauptsächlich im Freien tätig gewesen zu sein, ohne dass ihm Schutzmittel gegen UV-Strahlung zur Verfügung gestellt wurden oder auf die Wichtigkeit solcher Schutzmaßnahmen hingewiesen wurde. Aufgrund ... weiter lesen

Arbeitsrecht Ergonomischer Büroarbeitsplatz mit Merkblatt

Der Begriff "Büroarbeitsplatz" bezieht sich auf die Gesamtheit aller Elemente und Bedingungen, die in einem Büroumfeld zur Durchführung von Arbeitsaufgaben erforderlich sind. Hierzu zählen insbesondere Arbeitsmittel wie Schreibtisch und Bürostuhl, die gemäß den Anforderungen des Arbeitsschutzes ergonomisch gestaltet sein müssen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden und die Arbeitsleistung zu steigern. Rechtliche Grundlagen für Büroarbeitsplätze Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Bildschirmarbeitsverordnung bilden die rechtliche Basis für die Gestaltung von Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen in ... weiter lesen