Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Exkremente von angelockten Taubenschwärmen „nicht ortsüblich“

Zuletzt bearbeitet am: 04.05.2023

Hannover (jur). Eine Hauseigentümerin kann auf ihrem Grundstück nicht einfach Taubenschwärme anlocken, füttern und in Volieren halten. Führen der Kot der Tiere, ihr Gurren und Flügelschlagen zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Nachbarn, hat dieser einen Unterlassungsanspruch, entschied das Amtsgericht Hannover in einem am Mittwoch, 3. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 502 C 7456/22). 

Auch wenn die Hauseigentümerin aus Tierschutzgründen insbesondere auch kranke Vögel in ihrer Voliere aufnehmen und gesund pflegen will, dürfe damit nicht eine Belästigung der Nachbarn einhergehen. 

Im Streit stand die Tierliebe einer Reihenhauseigentümerin. Die Frau hielt in zwei Volieren zwei erblindete Stadttauben und pflegte weitere, im Stadtgebiet aufgefundene Tauben bis zu ihrer Auswilderung wieder gesund. Sie lockte schließlich ganze Taubenschwärme mit Futter auf ihrem Grundstück an. 

Ein Nachbar verklagte sie auf Unterlassung. Die Taubenschwärme würden sich in großer Zahl auf den umliegenden Dächern und auch auf seinem Grundstück versammeln und die Balkon- und Gartenflächen verkoten und kontaminieren. Der Dreck dringe durch die Fenster in die Wohnungen, Tauben würden zudem gegen die Fenster fliegen. 

Die Taubenliebhaberin bestritt die erheblichen Belästigungen. Als Eigentümerin sei sie zur Haltung der Tauben berechtigt. Sie fühle sich als Tierschützerin auch dazu verpflichtet. 

Das Amtsgericht bestätigte jedoch nach Zeugenanhörung den Unterlassungsanspruch des Nachbarn. Die Taubenschwärme würden das Eigentum des Klägers mit ihren Exkrementen, dem Gurren und dem Flügelschlagen erheblich beeinträchtigen. Zwar müssten nach dem Gesetz „Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gerüchen, Geräuschen und ähnlicher von einem anderen Grundstück ausgehender Einwirkungen“ dulden, vorausgesetzt, es gibt keine oder nur unwesentliche Beeinträchtigungen. 

Hier würden den Zeugen zufolge nahezu alltäglich Taubenschwärme von der Tierschützerin mit Futter angelockt und gehalten. Die dabei verursachten arttypischen Geräusche und die hinterlassenen Exkremente in der Nachbarschaft seien nicht mehr als ortsüblich hinzunehmen. Zwar gehörten Tauben zum üblichen Stadtbild. Das Maß, was üblicherweise in städtischen Gärten kreucht und fleucht, werde hier aber massiv überschritten, heißt es in dem Urteil vom 26. April 2023. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© T. Michel - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht 13.550 Euro für zwei Kratzer im Aufzug

Koblenz (jur). Beim Auszug aus einem Mehrfamilienhaus empfiehlt sich ein schonender Umgang mit dem Aufzug. Denn für die Beseitigung von zwei Kratzern können 13.550 Euro fällig werden, wie das Landgericht Koblenz in einem am Donnerstag, 25. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 4 O 98/21).  Im konkreten Fall war die Fahrstuhlkabine innen mit Edelstahl verkleidet. Als der Mieter im November 2019 auszog, entstanden beim Ein- und Ausräumen der Möbel zwei Kratzer an der Rückwand und der linken Seitenwand.  Dafür verlangte der Hauseigentümer 13.550 Euro. Die Kratzer könnten nur durch einen kompletten Austausch der beiden Wandbleche beseitigt ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Mitbewohner müssen Vermieter über Tod der Mieterin informieren

München (jur). Stirbt die Mieterin einer Wohnung, sollten nicht in den Vertrag aufgenommene Mitbewohner den Vermieter zeitnah darüber informieren. Ein einjähriges schweigen erschüttert das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Mitbewohners und rechtfertigt daher eine Kündigung seitens des Vermieters, wie das Amtsgericht München in einem am Montag, 22. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 417 C 9024/22).  Danach muss ein Mann aus München nach Jahrzehnten eine Zweizimmerwohnung im Stadtteil Milbertshofen räumen. Den Mietvertrag hatte 1975 seine Lebensgefährtin abgeschlossen. Als sie im September 2020 starb, hüllte er sich in Schweigen. Erst mehr als ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Nackter Vermieter im Hof nicht immer Grund für Mietminderung

Frankfurt/Main (jur). Ein sich in einem Hof nackt sonnender Vermieter muss nicht immer ein Mietmangel sein. Ergibt sich durch das Sonnen im Adamskostüm keine „gezielt sittenwidrige Einwirkung“ auf das Grundstück, liegt keine „grob ungehörige Handlung“ vor, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Mittwoch, 26. April 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 2 U 43/22). Nur weil das „ästhetische Empfinden“ eines Nachbarn gestört wird, werde die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt.   Im Streitfall hatte der Kläger eine Büroetage im Frankfurter Westend vermietet. Der Vermieter nutzte das Gebäude auch selbst als ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Keine Gebühr für Reservierung einer Immobilie

Karlsruhe (jur). Für die Reservierung einer Immobilie dürfen Makler keine Reservierungsgebühr verlangen. Das gilt auch, wenn die Gebühr in einem gesonderten Vertrag festgelegt wird, urteilte am Donnerstag, 20. April 2023, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: I ZR 113/22). Nach dem gesetzlichen Leitbild der Maklertätigkeit werde eine Provision nur nach einer erfolgreichen Vermittlung fällig.  Auf der Suche nach einem Haus hatten die Kläger bei einer Immobilienmaklerin ein Grundstück mit Einfamilienhaus zum Preis von 420.000 Euro gefunden und ließen sich dies reservieren. Neben einem Maklervertrag unterschrieben sie hierfür eine ... weiter lesen

Ihre Spezialisten