Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Exkremente von angelockten Taubenschwärmen „nicht ortsüblich“

Zuletzt bearbeitet am: 13.03.2024

Hannover (jur). Eine Hauseigentümerin kann auf ihrem Grundstück nicht einfach Taubenschwärme anlocken, füttern und in Volieren halten. Führen der Kot der Tiere, ihr Gurren und Flügelschlagen zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Nachbarn, hat dieser einen Unterlassungsanspruch, entschied das Amtsgericht Hannover in einem am Mittwoch, 3. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 502 C 7456/22). 

Auch wenn die Hauseigentümerin aus Tierschutzgründen insbesondere auch kranke Vögel in ihrer Voliere aufnehmen und gesund pflegen will, dürfe damit nicht eine Belästigung der Nachbarn einhergehen. 

Im Streit stand die Tierliebe einer Reihenhauseigentümerin. Die Frau hielt in zwei Volieren zwei erblindete Stadttauben und pflegte weitere, im Stadtgebiet aufgefundene Tauben bis zu ihrer Auswilderung wieder gesund. Sie lockte schließlich ganze Taubenschwärme mit Futter auf ihrem Grundstück an. 

Ein Nachbar verklagte sie auf Unterlassung. Die Taubenschwärme würden sich in großer Zahl auf den umliegenden Dächern und auch auf seinem Grundstück versammeln und die Balkon- und Gartenflächen verkoten und kontaminieren. Der Dreck dringe durch die Fenster in die Wohnungen, Tauben würden zudem gegen die Fenster fliegen. 

Die Taubenliebhaberin bestritt die erheblichen Belästigungen. Als Eigentümerin sei sie zur Haltung der Tauben berechtigt. Sie fühle sich als Tierschützerin auch dazu verpflichtet. 

Das Amtsgericht bestätigte jedoch nach Zeugenanhörung den Unterlassungsanspruch des Nachbarn. Die Taubenschwärme würden das Eigentum des Klägers mit ihren Exkrementen, dem Gurren und dem Flügelschlagen erheblich beeinträchtigen. Zwar müssten nach dem Gesetz „Eigentümer eines Grundstücks die Zuführung von Gerüchen, Geräuschen und ähnlicher von einem anderen Grundstück ausgehender Einwirkungen“ dulden, vorausgesetzt, es gibt keine oder nur unwesentliche Beeinträchtigungen. 

Hier würden den Zeugen zufolge nahezu alltäglich Taubenschwärme von der Tierschützerin mit Futter angelockt und gehalten. Die dabei verursachten arttypischen Geräusche und die hinterlassenen Exkremente in der Nachbarschaft seien nicht mehr als ortsüblich hinzunehmen. Zwar gehörten Tauben zum üblichen Stadtbild. Das Maß, was üblicherweise in städtischen Gärten kreucht und fleucht, werde hier aber massiv überschritten, heißt es in dem Urteil vom 26. April 2023. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© T. Michel - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Neuregelung der Kostenverteilung bei WEG laut BGH zulässig

In zwei Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) unter bestimmten Voraussetzungen die Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum zu Lasten einzelner Eigentümer ändern dürfen (Az.:  V ZR 81/23 und V ZR 87/23 ). Diese Entscheidung basiert auf dem 2020 reformierten Wohnungseigentumsgesetz. Doppelparker und Dachfenster im Fokus In dem Verfahren V ZR 81/23 ging es um die Kostenverteilung der Reparatur von Doppelparkern, die aufgrund eines Defekts nur eingeschränkt nutzbar waren. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschloss, dass nicht alle, sondern nur die Teileigentümer der ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Landgericht Hanau: Vermieter kann bei sporadischer Nutzung nicht kündigen

Ein Urteil des Landgerichts Hanau (Az.: 2 S 107/22 ) macht deutlich, dass ein Vermieter, der in einem Zweifamilienhaus lebt und die zweite Wohnung nur gelegentlich nutzt, dem anderen Mieter nicht ohne triftigen Grund kündigen darf. Amtsgericht weist Räumungsklage ab Eine Vermieterin, die überwiegend im Ausland residiert, hat mit den Mietern einen Vertrag über eine Wohnung in einem Haus mit zwei Einheiten abgeschlossen. Ihre eigene Wohnung im selben Haus nutzt sie nur vereinzelt im Jahr. Sie sprach eine Kündigung gemäß § 573a BGB aus, die besagt, dass der Eigentümer einer Wohnung in einem selbst bewohnten Gebäude mit höchstens zwei Wohneinheiten das ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Insolvenzverfahren bleibt im Grundbuch sichtbar

Karlsruhe (jur). Zwangseintragungen im Grundbuch, etwa zur Anordnung einer Zwangsversteigerung oder der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, bleiben auch nach ihrer „Löschung“ sichtbar. Das geht aus einem aktuell veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom 21. September 2023 hervor (Az.: V ZB 17/22).  Die Beschwerdeführerin im Streitfall ist Eigentümerin mehrerer Wohnungen in Berlin. Über ihr Vermögen war ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Zwangsversteigerung der Wohnungen angeordnet worden. Beides wurde entsprechend gesetzlichen Vorgaben zwangsweise in die Grundbücher eingetragen. Die Eigentümerin konnte aber beide ... weiter lesen

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht Anspruch auf Untervermietung gilt auch für Nebenwohnung

Karlsruhe (jur). Mieterinnen und Mieter einer Nebenwohnung können aus Kostengründen vom Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung verlangen. Voraussetzung hierfür ist ein „berechtigtes Interesse“ des Mieters, und dass dieser die Nebenwohnung teilweise selbst weiter nutzt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Dienstag, 21. November 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: VIII ZR 88/22). Für das Recht auf Untervermietung sei es nicht erforderlich, dass die Wohnung nach der Untervermietung noch Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt, stellten die Karlsruher Richter klar.  Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Mieter vom Vermieter verlangen, dass ... weiter lesen

Ihre Spezialisten