Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 14. November 2024 (Az.: 16 U 52/23) entschieden, dass Facebook Beiträge, die Fehlinformationen zur Wirksamkeit und Gefährlichkeit von Corona-Impfstoffen enthalten, gemäß seinen Nutzungsbedingungen löschen darf. Voraussetzung ist, dass diese Informationen nach Einschätzung von Gesundheitsbehörden oder führenden Organisationen falsch sind und wahrscheinlich zu einer Impfverweigerung führen könnten.
Rechtliche Grundlagen zur Löschung von Fehlinformationen
- Nutzungsbedingungen von Facebook: Gemäß § 307 BGB dürfen Nutzungsbedingungen wirksam festlegen, dass Fehlinformationen zu Impfstoffen gelöscht werden können, sofern sie nicht gegen § 241 Abs. 2 BGB verstoßen.
- Einschätzung durch Experten: Nach § 823 Abs. 1 BGB sind Plattformbetreiber verpflichtet, Schaden von Dritten abzuwenden, wenn wissenschaftliche Bewertungen wie die der WHO oder der EMA zeigen, dass Informationen falsch sind.
- Abgrenzung zur Kritik: Sachbezogene Kritik am wissenschaftlichen Erkenntnisstand bleibt nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützt, sofern sie nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter eingreift (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
Hintergrund des Urteils zu Facebook und Informationen über Corona-Impfung
Facebook hatte einen Beitrag gelöscht, der behauptete, die Corona-Impfung sei unwirksam und gefährlich. Die Löschung basierte auf einer internen Richtlinie, die Fehlinformationen identifiziert und entfernt, um die öffentliche Gesundheit zu schützen. Die betroffene Nutzerin klagte daraufhin gegen Facebook und forderte die Wiederherstellung ihres Beitrags, da sie die Meinungsfreiheit verletzt sah.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt bestätigte die Zulässigkeit der Löschung und argumentierte, dass Plattformbetreiber das Recht haben, gegen Falschinformationen vorzugehen, um ihre Nutzer vor Schaden zu schützen. Plattformen wie Facebook tragen somit eine besondere Verantwortung, die Verbreitung gesundheitsgefährdender Inhalte aktiv zu unterbinden. Die Löschung sei durch die Vertragsbedingungen gedeckt und stelle keinen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar, da sachliche Kritik weiterhin möglich sei, insbesondere wenn sie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.
Auswirkungen auf soziale Medien und Meinungsfreiheit
- Verantwortung von Plattformen: Anbieter müssen sicherstellen, dass ihre Plattformen nicht zur Verbreitung von Gesundheitsrisiken beitragen.
- Abwägung der Rechte: Schutz der öffentlichen Gesundheit versus Meinungsfreiheit.
- Klarheit in Nutzungsbedingungen: Wichtig für Transparenz und Nutzerverständnis.
Praxistipps für Plattformnutzer
Sie sollten Kritik stets präzise formulieren, denn sachliche und fundierte Beiträge werden in der Regel nicht entfernt, insbesondere wenn Sie deutlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse verweisen. Beiträge, die beispielsweise die Wirksamkeit von Impfstoffen unter Berücksichtigung von Studien der WHO oder der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) analysieren, sind erlaubt.
Verweisen Sie dabei auf wissenschaftliche Quellen, da die Glaubwürdigkeit Ihrer Beiträge erheblich steigt, wenn sie belastbare und anerkannte Studien wie die Ergebnisse der Cochrane Collaboration oder Publikationen aus Fachzeitschriften wie "The Lancet" heranziehen. Beachten Sie zudem die Plattformregeln: Diese zu verstehen und zu befolgen, wie etwa das Verbot der Verbreitung nachweislich falscher Informationen, kann dazu beitragen, unerwünschte Löschungen zu vermeiden.
Fazit
Das Urteil verdeutlicht, dass soziale Medien im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen aktiv gegen die Verbreitung von Fehlinformationen vorgehen dürfen. Es setzt einen wichtigen Impuls für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und die Regulierung von Plattforminhalten. Gleichzeitig schafft es Klarheit für Plattformbetreiber, indem es ihre Befugnisse zur Löschung problematischer Inhalte rechtlich absichert. Nutzer sollten dieses Urteil zum Anlass nehmen, ihre Beiträge kritisch zu hinterfragen und sich bewusst mit den Plattformregeln auseinanderzusetzen, um Missverständnisse zu vermeiden.
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