Verwaltungsrecht

Faire Verteilung kommunaler Mittel für kleinere Stadtratsfraktionen

Zuletzt bearbeitet am: 14.02.2024

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Finanzierung der Geschäftsführung von Ratsfraktionen, deren Höhe sich nur nach der jeweiligen Anzahl der Fraktionsmitglieder richtet, kleinere Fraktionen diskriminiert.

Die Sächsische Gemeindeordnung sieht vor, dass die Ratsfraktionen zu ihren sächlichen und personellen Aufwendungen finanzielle Zuwendungen aus dem Haushalt der Gemeinde erhalten können. Die Stadt Chemnitz stellt ihren Ratsfraktionen die benötigten Sachmittel (Räume, PC, Telefon, Internet) im Wesentlichen unmittelbar zur Verfügung und gewährt zu den personellen Aufwendungen der Fraktionsgeschäftsführung einen finanziellen Zuschuss.

Der klagenden ehemaligen Fraktion PRO CHEMNITZ.DSU wurden während der Wahlperiode 2004 bis 2009 zunächst auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses aus dem Jahre 1999 Mittel zur Finanzierung ihrer Geschäftsführung zur Verfügung gestellt, deren Verteilung anhand eines festen Betrages je Fraktion (zwei Drittel) und eines variablen Betrages nach der Anzahl der Fraktionsmitglieder (ein Drittel) erfolgte.

Im Januar 2005 änderte der Stadtrat diesen Verteilungsmaßstab dahin, dass nurmehr die jeweilige Anzahl der Mitglieder der Fraktionen die Höhe der Zahlung bestimmte. Dadurch verminderte sich die Zuwendung an kleinere Fraktionen wie die Klägerin erheblich, während große Fraktionen entsprechend mehr bekamen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Die Berufung der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht zurück.

Diese Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht aufgehoben, weil sie gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen. Dieses verlangt eine sachgerechte, am Zweck der Fraktionen ausgerichtete,  bedarfsorientierte Mittelverteilung. Eine Verteilung allein nach dem Kopfteilsprinzip beschneidet das Mitwirkungsrecht einer Fraktion, wenn diese deswegen ihre Informations-, Organisations- und Koordinationsaufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Das ist bei kleineren Fraktionen nicht auszuschließen, wenn der zuwendungsfähige Bedarf für die Fraktionsgeschäftsführung zu einem erheblichen Anteil von der Fraktionsstärke unabhängig ist.
Eine solche Verteilung wird dann dem Zweck der Fraktionsfinanzierung nicht
gerecht. Der Rat der Stadt Chemnitz muss nun rückwirkend für die Jahre 2005 bis 2009 einen neuen Verteilungsschlüssel beschließen.

Quelle: BVerwG

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