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„Frauen-Aufreiß-Künstler“ muss Artikel über „Pick-Up-Artists“ dulden

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(2 Bewertungen)20.12.2022 Urheberrecht und Medienrecht
Zuletzt bearbeitet am: 19.09.2024

Karlsruhe (jur). Verdient ein Student als Coach nebenberuflich sein Geld mit Tipps für schüchterne Männer zum „Frauen aufreißen“, muss er mit einer teils identifizierenden Berichterstattung rechnen. So darf die AStA-Zeitschrift einer Universität ihn mit seinem Vornamen und dem ersten Buchstaben seines Anfangsnamens nennen, wenn seine Tätigkeit als sogenannter Pick-Up-Artists und seinen Verführungstricks mit zunehmenden Übergriffen auf Frauen des Uni-Campus in Verbindung gebracht werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 19. Dezember 2022, veröffentlichten Urteil (Az.: VI ZR 65/21). 

Im Streitfall war der Kläger, ein früherer Student der Goethe Universität Frankfurt, nebenberuflich als Coach für die Agentur „Casanova Coaching“ tätig. Er gab Seminare, wie man als sogenannter Pick-Up-Artist – teils im Wettbewerb mit anderen Männern – Frauen verführt und möglichst viele von ihnen ins Bett bekommt. Zielgruppe der Kurse waren vor allem schüchterne Männer. 

Im April 2014 hatte der Casanova sein Verführungstricks in einem Beitrag der ARD-Sendung „DasDing.tv“ zum Besten gegeben und gezeigt, wie er auf „Frauenjagd“ geht. 

Die AStA-Zeitschrift der Uni Frankfurt veröffentlichten im August 2015 hierzu zwei Beiträge mit den Titeln „‘Pick-Up-Artists‘ und Casanova – eine künstlerische Technik der Liebe?“ und „’Pick-Up-Artists‘: Ein fragwürdiges Phänomen von ‚Verführung‘“. Der Kläger wurde darin mit Vornamen sowie dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens genannt. Zudem wurde ein Profilfoto von ihm veröffentlicht. 

Der Student und „Verführungscoach“ wurde in einem Beitrag so zitiert, dass er für den Sex keine Gewalt benötige, sondern dies vielmehr mit Humor erreichen könne. Er wurde in dem Artikel kritisiert, dass er damit Frauen als bloße austauschbare Objekte ansehe. Die Beiträge in der AStA-Zeitschrift stellten zudem einen Bezug der Pick-Up-Szene zu vermehrten Übergriffen auf Frauen auf dem Uni-Campus her. 

Mit der teils identifizierenden Berichterstattung in den Beiträgen der AStA-Zeitschrift sah der Mann sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung. 

Der AStA gab nur hinsichtlich der Bild-Veröffentlichung eine Unterlassungserklärung ab. 

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main urteilte am 4. Februar 2021, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Presse- und Meinungsfreiheit höher zu bewerten seien als das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers (Az.: 16 U 47/20; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Dies gelte erst recht, da der Kläger zuvor selbst in dem ARD-TV-Beitrag in die Öffentlichkeit als „Verfügungscoach“ aufgetreten sei. 

Dies bestätigte der BGH im Ergebnis mit Urteil vom 8. November 2022. Allerdings könne sich die Studierendenschaft wegen ihrer öffentlichen Aufgabe mit ihrer AStA-Zeitschrift nicht selbst auf eigene Kommunikationsfreiheiten berufen. Ein allgemein-politisches Mandat und ein Recht, sich zu allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Phänomenen äußern zu dürfen, stehe ihr nicht zu. 

Zulässig seien aber Berichte etwa über das Uni-Geschehen. Hier hätten die beanstandeten Artikel über die Pick-Up-Szene Bezug zu übergriffigem Verhalten gegenüber Frauen auf dem Uni-Campus genommen. Auch der Uni-Senat habe sich in einer Stellungnahme gegen den auf dem Uni-Gelände praktizierten „Sexismus durch sogenannte Pick-Up-Artists“ geäußert. Der Kläger sei zudem selbst Student gewesen. Damit sei die Berichterstattung zulässig. 

Zwar beeinträchtige die teils identifizierende Berichterstattung über den Kläger sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dies sei aber angesichts des erheblichen öffentlichen Interesses an den Auswirkungen der „Pick-Up-Szene“ hinzunehmen, so der BGH. Dies gelte erst recht, da der Kläger in der Vergangenheit selbst in dem Fernsehbeitrag an die Öffentlichkeit getreten ist. 

Da der AStA zwischenzeitlich hinsichtlich der identifizierenden Bild-Berichterstattung eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte, liege insoweit auch keine Wiederholungsgefahr mehr vor. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© nmann77 - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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