Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat mit Urteil vom 11. Februar 2025 entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der während der Arbeitszeit privaten Tätigkeiten nachgeht und dadurch Arbeitszeitbetrug begeht, nicht nur fristlos gekündigt werden kann, sondern auch die Kosten für eine zur Überwachung beauftragte Detektei zu erstatten hat. Diese Entscheidung hat erhebliche Bedeutung für Arbeitgeber, insbesondere im Hinblick auf die Durchsetzung arbeitsvertraglicher Pflichten und den Umgang mit Arbeitszeitverstößen.
Arbeitszeitbetrug als Kündigungsgrund
Im vorliegenden Fall war der Kläger seit 2009 als Fahrausweisprüfer bei einem kommunalen Verkehrsunternehmen beschäftigt. Aufgrund von Hinweisen eines Sicherheitsdienstes wurde bekannt, dass der Kläger während seiner Arbeitszeit privaten Aktivitäten nachging, darunter Besuche im Fitnessstudio, in einer Moschee, beim Friseur sowie Aufenthalte bei seiner Freundin. Diese Tätigkeiten wurden nicht als Pausen im Zeiterfassungssystem dokumentiert.
Zur Überprüfung des Verdachts beauftragte der Arbeitgeber eine Detektei, die den Kläger an mehreren Tagen observierte. Die Detektive stellten fest, dass der Kläger an insgesamt 16 Tagen im November und Dezember 2022 Arbeitszeitverstöße beging, die zu einem Arbeitsausfall von fast 26 Stunden führten. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos und verlangte die Erstattung der Detektivkosten in Höhe von 21.608,90 Euro.
Kostenerstattung: Rechtliche Bewertung der Detektivkosten
Das LAG Köln (Az. 7 Sa 635/23) bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln, wonach der Arbeitgeber einen Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Detektivkosten erstattungsfähig, wenn:
- ein konkreter Verdacht auf eine schwerwiegende Pflichtverletzung besteht,
- die Überwachung erforderlich und verhältnismäßig ist,
- sich der Verdacht bestätigt und
- die Kosten notwendig waren, um den Verstoß nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht diese Voraussetzungen als erfüllt an. Der Arbeitgeber hatte aufgrund konkreter Hinweise einen berechtigten Verdacht, der durch die Detektei bestätigt wurde. Die Überwachung erfolgte zielgerichtet, zeitlich begrenzt und im öffentlichen Raum.
Datenschutzrechtliche Aspekte
Der Kläger argumentierte, dass die Überwachung gegen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße. Das Gericht wies diese Einwände zurück. Es stellte fest, dass die Überwachung gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG zulässig war, da sie zur Aufdeckung von Straftaten oder schwerwiegenden Pflichtverletzungen diente. Selbst wenn ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen vorgelegen hätte, hätte dies nicht zwangsläufig zu einem Beweisverwertungsverbot geführt, da der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte als geringfügig eingestuft wurde.
Informationelle Selbstbestimmung bedeutet: Jede Person kann grundsätzlich selbst darüber entscheiden, welche personenbezogenen Daten sie preisgibt, wie diese verwendet werden und wer darauf Zugriff hat.
Bedeutung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Das Urteil stärkt die Position von Arbeitgebern bei der Aufdeckung und Sanktionierung von Arbeitszeitbetrug. Es zeigt, dass bei konkretem Verdacht eine Überwachung durch eine Detektei rechtlich zulässig sein kann und die dadurch entstehenden Kosten erstattungsfähig sind, sofern der Verdacht bestätigt wird. Arbeitgeber sollten jedoch sicherstellen, dass:
- ein konkreter Verdacht besteht,
- die Überwachungsmaßnahme verhältnismäßig ist,
- der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt wird und
- die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.
Für Arbeitnehmer verdeutlicht das Urteil die Bedeutung der korrekten Arbeitszeiterfassung und der Einhaltung arbeitsvertraglicher Pflichten. Vorsätzlicher Arbeitszeitbetrug kann nicht nur zur fristlosen Kündigung führen, sondern auch erhebliche finanzielle Konsequenzen haben, etwa durch die Verpflichtung zur Erstattung von Detektivkosten.
Tipp für die Praxis: Arbeitgeber sollten klare Regelungen zur Arbeitszeiterfassung und -kontrolle etablieren und bei Verdachtsfällen frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um angemessene und rechtlich zulässige Maßnahmen zu ergreifen.
Zusammenfassung
Das Urteil des LAG Köln vom 11. Februar 2025 (Az. 7 Sa 635/23) unterstreicht die arbeitsrechtliche Relevanz von Arbeitszeitbetrug und die Möglichkeit für Arbeitgeber, bei konkretem Verdacht angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die Entscheidung bietet eine klare Orientierung für den Umgang mit Arbeitszeitverstößen und die rechtliche Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen im Arbeitsverhältnis.
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