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Gerichtliche Anträge in Briefmarkengröße rechtsmissbräuchlich

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(1 Bewertung)23.11.2024 Sozialrecht

Essen (jur). Wer Anträge auf Bürgergeld „von 2023 bis 2032“ geltend macht und seine Anträge teils auf ungeordneten Zetteln in Briefmarkengröße schreibt, handelt rechtsmissbräuchlich. Dies gilt erst recht, wenn der Antragsteller bereits seit 2016 rund 550 Verfahren beim Landessozialgericht anhängig gemacht hat, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am Dienstag, 28. November 2023, veröffentlichten Beschluss (Az.: L 9 SO 37/23 KL). 

Im Streitfall hatte ein erwerbsunfähiger Mann mit abgeschlossenem Jura-Studium seit April 2016 rund 550 Verfahren beim LSG angestrengt. Im aktuellen Rechtsstreit hatte er 15 ungeordnete Zettel an das Gericht versandt und erstinstanzliche Anträge gestellt. Die Schreiben beschränkten sich auf diverse, eng beschriebene, nur schwer zu entziffernde Zettelchen, teilweise in Briefmarkengröße. So beantragte der Mann unter anderem Bürgergeld „von 2023 bis 2032“. Auch Gehörsrügen wurden von ihm gestellt. Dabei warnte er das Gericht mit den Worten, „je mehr sie der Gegenseite durchgehen lassen, desto mehr Verfahren“ würden gebraucht, um die offenen Fragen klären zu können. 

Das LSG wertete die Anträge auf Bürgergeld als Sozialhilfeanträge in Höhe des Bürgergeldes. Die Essener Richter wiesen mit Beschluss vom 6. Juni 2023 sowohl diese als auch die Gehörsrügen als rechtsmissbräuchlich zurück. Grundsätzlich seien sozialgerichtliche Verfahren für Leistungsempfänger kostenfrei, und es bestünden nur geringe Anforderungen an die Form wirksamer Klagen und Anträge. Auch ein Anwaltszwang bestehe beim LSG nicht. 

Dennoch dürften Hilfebedürftige ihre prozessualen Rechte durch die Anträge und Gegenvorstellungen nicht ausnutzen. Im Streitfall zeige bereits die Form der Anträge, dass der Antragsteller ein Verfahren nicht ernsthaft betreiben wollte. Er habe mit den eng beschriebenen, ungeordneten Zetteln, teils in Briefmarkengröße, ein „missbräuchliches Verhalten“ gezeigt. Es sei ihm „unter Ausnutzung der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens und der geringen Formanforderungen um die massenhafte Produktion von Verfahren“ gegangen „und nicht um das Verfolgen eines ernsthaften Rechtsschutzanliegens“, entschied das LSG. 

Diese Annahme werde durch seine Aussage gestützt, dass „je mehr Sie der Gegenseite durchgehen lassen, desto mehr Verfahren“ folgen würden. Hinzu komme, dass der Mann bereits seit 2016 rund 550 Verfahren beim LSG anhängig gemacht hatte. Der Antragsteller habe mit Abschluss seines Jura-Studiums wissen müssen, dass die beharrlichen erstinstanzlichen Anträge beim LSG zu einer Verweisung an das Sozialgericht führen müssen. Er habe so eine hohe Verfahrenszahl als Selbstzweck produzieren wollen, rügte das LSG. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© Dan Race - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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