Kassel (jur). Ehepaare haben auch beim Erhalt von Grundsicherungsleistungen und bereits abgesenkten Asylbewerberleistungen genügend Einsparpotenziale bei Nahrung, Energie und Telekommunikation. Daher muss das Jobcenter Hartz-IV-Leistungen beziehungsweise heute das Bürgergeld nicht nach der für Alleinstehende vorgesehenen Regelbedarfsstufe 1 berechnen, sondern nach der für Eheleute um zehn Prozent verringerten Regelbedarfsstufe 2, urteilte am Mittwoch, 15. Februar 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 4 AS 2/22 R).
Vor Gericht war eine in Berlin lebende, erwerbsgeminderte Mutter von vier minderjährigen Kindern gezogen. Da ihr ältester Sohn Arbeitslosengeld II bezog und mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, erhielt sie keine Sozialhilfe, sondern Sozialgeld vom Jobcenter. Die Höhe des Sozialgeldes betrug im Januar 2017 nach der Regelbedarfsstufe 1 für Alleinstehende 409 Euro.
Als im Februar 2017 ihr Ehemann, ein Asylbewerber, bei ihr einzog, bekam sie deutlich weniger. Das Jobcenter hatte nun die für Eheleute vorgesehene und zehn Prozent niedrigere Regelbedarfsstufe 2 zugrundegelegt. Dies seit Anfang 2023 auch beim Bürgergeld entsprechend gehandhabt.
Die Mutter hielt die Kürzung für rechtswidrig. Ihr Ehemann habe im Streitzeitraum Februar bis Mai 2017 als Flüchtling nur abgesenkte Asylbewerbergrundleistungen in Höhe von 318 Euro monatlich erhalten. Mit der nun auch abgesenkten Sozialgeld-Zahlung bekämen sie weniger als ein Ehepaar, bei dem beide Partner Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen. Wegen der geringen Asylbewerberleistungen hätten sie keine Möglichkeiten, dies gemeinsam einzusparen.
Dem folgte das BSG jedoch nicht. Die für Ehepartner nach der Regelbedarfsstufe 2 um zehn Prozent abgesenkte Sozialgeldzahlung sei rechtmäßig. Die Klägerin lebe mit ihrem Ehepartner zusammen und könne mit ihm aus einem Topf wirtschaften. Dabei spiele es keine Rolle, dass das Existenzminimum des Paares aus unterschiedlichen Leistungssystemen – hier das Sozialgeld und die Asylbewerberleistungen – gesichert werde.
Zwar habe der Ehemann geringere Asylbewerbergrundleistungen erhalten, da dabei keine Bedarfe etwa für Freizeit und Kultur berücksichtigt worden seien. Bei Verbrauchs- und Gebrauchsgütern wie Lebensmittel, Energie und Telekommunikation hätten beide Eheleute aber annähernd gleich viel bekommen. Gerade hier ergäben sich bei einem Zusammenleben und Wirtschaften aus einem Topf aber Einsparpotenziale. Dies rechtfertige ein geringeres Sozialgeld für die Klägerin.
Aus formalen Gründen verwies das BSG das Verfahren aber an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam zurück.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik:© PeJo - stock.adobe.com
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock