Erfurt. Das bessere Verhandlungsgeschick bei einem männlichen Bewerber stellt keinen Grund dar für eine schlechtere Bezahlung einer vergleichbaren weibliche Kollegin dar. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied am Donnerstag, 16. Februar 2023, dass auch hier der „Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ gilt (Az.: 8 AZR 450/21). Andernfalls könne bei einer unterschiedlichen Vergütung eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vermutet werden.
Eine ehemalige Vertriebsmitarbeiterin eines Metallunternehmens im sächsischen Meißen bekam damit recht. Als die Frau zum 1. März 2017 ihre Arbeit aufnahm, hatte sie die von ihrem Arbeitgeber angebotene Vergütung akzeptiert. Danach gab während der Einarbeitungszeit ein Grundgehalt von 3.500 Euro im Monat. Ab November wurde dann zusätzlich eine vom Erfolg abhängige Vergütung gezahlt.
Ein bereits zum 1. Januar 2017 eingestellter männlicher Kollege nahm das Angebot von 3.500 Euro nicht an. Der Mann hat verhandelt und 1.000 Euro mehr, somit 4.500 Euro monatlich während der Einarbeitung erhalten. Die ungleiche Entlohnung blieb auch nach der Einführung von einem Haustarifvertrag mit neuen Entgeltgruppen bestehen.
Die Frau, die sich aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert fühlte, verlangte gerichtlich mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte einen Lohnnachschlag in Höhe von 14.500 Euro. Dabei verwies sie auf das Diskriminierungsverbot, dass im Entgelttransparenzgesetz und im EU-recht verankert ist. Danach stehe Männern und Frauen die gleiche Vergütung zu, sofern es sich um gleiche oder gleichwertige Arbeit handele. Ihr früherer Arbeitgeber habe sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert, da er sich daran nichtgehalten habe. Für diesen Verstoß verlangte sie, dass er dafür weitere 6.000 Euro Entschädigung zahlen muss.
Vom BAG wurde ihr die Lohnnachzahlung in Höhe von 14.500 Euro zugesprochen, da der Arbeitgeber sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt hat. Obwohl sie die gleiche Arbeit machte, habe sie ein niedrigeres Grundgehalt als ihr vergleichbarer männlicher Kollege bekommen. Hierdurch sei die Vermutung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts begründet. Der Arbeitgeber könne diese Vermutung auch nicht dadurch entkräften, indem er sage, dass der männliche Kollege vor der Einstellung besser verhandelt habe. Es sei ebenfalls kein Grund, gleiche Arbeit unterschiedlich zu vergüten, wenn ein Arbeitnehmer einer besser vergüteten ausgeschiedenen Mitarbeiterin nachgefolgt sei.
Der Klägerin stehe außerdem eine Entschädigung aufgrund einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung in Höhe von 2.000 Euro zu.
„Dieses Urteil ist ein Meilenstein auf dem Weg zu gleichem Entgelt für Frauen und Männer. Gleiches Entgelt lässt sich nicht weghandeln – Klärung ist überfällig“, sagte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Sarah Lincoln, sagte hierzu, dass dieses Urteil ein Meilenstein auf dem Weg zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen sei. „Gleiche Bezahlung kann nicht wegverhandelt werden – diese Klarstellung war überfällig“
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