Lüneburg (jur). Das Land Niedersachsen hat zu Unrecht verbeamteten Gymnasiallehrern längere Unterrichtszeiten aufgebrummt. Die Erhöhung der wöchentlichen Regelstundenzahl von 23,5 auf 24,5 Stunden verstößt gegen die im Grundgesetz verankerte Fürsorgepflicht des Landes gegenüber seinen Beamten, urteilte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Dienstag, 9. Juni 2015, in Lüneburg (Az.: 5 KN 148/14 und weitere). Die entsprechenden Vorschriften in der seit 1. August 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen seien unwirksam.
Mit der Arbeitszeitverordnung wurde zudem eine ursprünglich vorgesehene Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung für ältere Lehrer gestrichen.
Das Land begründete die Erhöhung der wöchentlichen Unterrichtsstunden damit, dass die außerunterrichtliche Arbeitszeit - wie beispielsweise Zeiten für Klassenfahrten, Unterrichtsvorbereitungen oder der Durchsicht von Klassenarbeiten - zurückgegangen sei. Die so „frei“ gewordene Arbeitszeit könne daher für zusätzliche Unterrichtsstunden genutzt werden.
Das OVG entschied, dass das Land zwar einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Festsetzung der regulären Unterrichtsarbeitszeit und der Erledigung außerunterrichtlicher Verpflichtungen habe. Doch müsse der Verordnungsgeber seine Einschätzung in einem transparenten Verfahren darlegen können. Dem sei das Land nicht nachgekommen, so dass es gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen habe.
Die tatsächliche Belastung der Gymnasiallehrer sei gar nicht ermittelt worden. Dabei habe es in den letzten zehn Jahren zahlreiche Änderungen im niedersächsischen Schulsystem gegeben, die auch Auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen der Lehrer haben. So sei das G8-Abitur eingeführt und die Orientierungsstufe abgeschafft worden. Es gebe zudem neue Anforderungen bei der Inklusion, also der Integration behinderter Schüler in der Klasse.
Einen Rückgang der außerunterrichtlichen Verpflichtungen habe das Land aber nicht aufgezeigt. Damit sei die Erhöhung der regulären Unterrichtszeit willkürlich und rechtswidrig erfolgt.
Gleiches gelte für die Erhöhung der Unterrichtszahl von Schulleiterinnen und Schulleitern. Auch hier werde gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Keinen Erfolg hatten jedoch vier verbeamtete Lehrer mit ihren Normenkontrollanträgen, dass sie im Alter Anspruch auf eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung haben. Dies sei vielmehr eine freiwillige Leistung des Dienstherrn, die wiederum aus haushaltsrechtlichen Gründen geändert werden könne.
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