Verwaltungsrecht

Gymnasiallehrer müssen nicht länger unterrichten

Zuletzt bearbeitet am: 26.12.2023

Lüneburg (jur). Das Land Niedersachsen hat zu Unrecht verbeamteten Gymnasiallehrern längere Unterrichtszeiten aufgebrummt. Die Erhöhung der wöchentlichen Regelstundenzahl von 23,5 auf 24,5 Stunden verstößt gegen die im Grundgesetz verankerte Fürsorgepflicht des Landes gegenüber seinen Beamten, urteilte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) am Dienstag, 9. Juni 2015, in Lüneburg (Az.: 5 KN 148/14 und weitere). Die entsprechenden Vorschriften in der seit 1. August 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen seien unwirksam.

Mit der Arbeitszeitverordnung wurde zudem eine ursprünglich vorgesehene Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung für ältere Lehrer gestrichen.

Das Land begründete die Erhöhung der wöchentlichen Unterrichtsstunden damit, dass die außerunterrichtliche Arbeitszeit - wie beispielsweise Zeiten für Klassenfahrten, Unterrichtsvorbereitungen oder der Durchsicht von Klassenarbeiten - zurückgegangen sei. Die so „frei“ gewordene Arbeitszeit könne daher für zusätzliche Unterrichtsstunden genutzt werden.

Das OVG entschied, dass das Land zwar einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Festsetzung der regulären Unterrichtsarbeitszeit und der Erledigung außerunterrichtlicher Verpflichtungen habe. Doch müsse der Verordnungsgeber seine Einschätzung in einem transparenten Verfahren darlegen können. Dem sei das Land nicht nachgekommen, so dass es gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen habe.

Die tatsächliche Belastung der Gymnasiallehrer sei gar nicht ermittelt worden. Dabei habe es in den letzten zehn Jahren zahlreiche Änderungen im niedersächsischen Schulsystem gegeben, die auch Auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen der Lehrer haben. So sei das G8-Abitur eingeführt und die Orientierungsstufe abgeschafft worden. Es gebe zudem neue Anforderungen bei der Inklusion, also der Integration behinderter Schüler in der Klasse.

Einen Rückgang der außerunterrichtlichen Verpflichtungen habe das Land aber nicht aufgezeigt. Damit sei die Erhöhung der regulären Unterrichtszeit willkürlich und rechtswidrig erfolgt.

Gleiches gelte für die Erhöhung der Unterrichtszahl von Schulleiterinnen und Schulleitern. Auch hier werde gegen höherrangiges Recht verstoßen.

Keinen Erfolg hatten jedoch vier verbeamtete Lehrer mit ihren Normenkontrollanträgen, dass sie im Alter Anspruch auf eine Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung haben. Dies sei vielmehr eine freiwillige Leistung des Dienstherrn, die wiederum aus haushaltsrechtlichen Gründen geändert werden könne.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik: © cico - Fotolia

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Verwaltungsrecht BVerwG entscheidet über Regelung zur Mehrarbeitsvergütung bei Dienstunfällen

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat unter dem Aktenzeichen 2 C 2.23 ein Urteil zum Thema Vergütung von Mehrarbeit bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung aufgrund eines Dienstunfalls gefällt. Polizeikommissar fordert nach Dienstunfall Überstunden-Vergütung Ein Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO), der im Zeitraum 2015 bis 2016 mehrfach zu zusätzlichen Einsätzen bei der Polizei herangezogen wurde, erlitt im September 2016 einen Dienstunfall. Anschließend folgten krankheitsbedingte Auszeiten, die teilweise durch den Ausgleich von Überstunden und regulären Urlaub unterbrochen waren. Mit Ende Juli 2018 wurde er wegen anhaltender Dienstunfähigkeit ... weiter lesen

Verwaltungsrecht BVerwG-Urteil bestätigt aktuelle Zuschussregelung für kirchliche Kitas in NR

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig unter dem Aktenzeichen 5 C 7.22 bestätigt, dass die Regelung zur Finanzierung von kirchlichen Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen für das Kindergartenjahr 2016/2017, welche kirchlichen Trägern geringere staatliche Zuschüsse gewährt als anderen freien Trägern, keine Glaubensdiskriminierung darstellt und verfassungsrechtlich zulässig ist. Gericht weist Klage kirchlicher Kita gegen Zuschussdifferenzierung ab Die nordrhein-westfälische Förderpraxis für Kindertageseinrichtungen basiert auf dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) vom 8. Juli 2016. Nach diesem Gesetz erhalten Einrichtungsträger vom ... weiter lesen

Verwaltungsrecht BayVGH bestätigt Leinenzwang für zwei Hunde aus Günzburg

In einer Entscheidung vom 22. Januar 2024 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) den Leinenzwang für zwei Hund aus dem Landkreis Günzburg bekräftigt (Az.:  10 ZB 23.1558 ) . Diese Anordnung wurde ursprünglich von der zuständigen Sicherheitsbehörde erlassen und durch Urteile des Verwaltungsgerichts Augsburg am 18. Juli 2023 bestätigt. Der Eigentümer der Hunde hatte gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt, die nun vom BayVGH abgewiesen wurde. Leinenzwang nach Bürgerbeschwerden bestätigt Der Besitzer der beiden großen Hunde wurde mit Bescheiden vom Februar 2023 von der Verwaltungsgemeinschaft des Landkreises Günzburg, der ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Gericht bestätigt Klassenfahrtausschluss nach Schlag in Gesicht

Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seiner Entscheidung (Az.: VG 3 L 61.24 ) festgelegt, dass ein Schüler, der einen Mitschüler schlägt, rechtmäßig von einer Klassenfahrt ausgeschlossen werden kann. Der Eilantrag gegen die Maßnahme wurde zurückgewiesen, wobei das Gericht den Erziehungsauftrag der Schule und die Sicherheit aller Schüler in den Vordergrund stellte. Schüler von Skifahrt ausgeschlossen: Mutter hält Strafe für unverhältnismäßig Ein Schüler der 9. Klasse einer Berliner Oberschule wurde nach einem Vorfall im Dezember 2023, bei dem er einen Mitschüler ins Gesicht schlug, von einer anstehenden Skifahrt ausgeschlossen. Dies erfolgte nach mehreren ... weiter lesen

Ihre Spezialisten