Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

Händler müssen nicht generell über Herstellergarantien informieren

Zuletzt bearbeitet am: 08.12.2023

Luxemburg (jur). Verkauft ein Händler Waren über Internetverkaufsportale wie Amazon, muss er den Verbraucher nicht generell auf Herstellergarantien hinweisen. Nur wenn er ausdrücklich in seinem Angebot mit der Herstellergarantie wirbt, sind weitere Angaben zu den Garantiebedingungen des Herstellers zu machen, urteilte am Donnerstag, 5. Mai 2022, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einem Streit um den Verkauf von Schweizer Offiziersmessern (Az.: C-179/21).

Im konkreten Fall hatte das Unternehmen „absoluts -bikes and more“ auf Amazon Schweizer Offiziersmesser des Herstellers Victorinox zum Verkauf angeboten. Der Schweizer Hersteller bietet eine lebenslange Garantie auf seine Messer in Bezug auf Material- und Fabrikationsfehler, mit Ausnahme für Elektronik. „absoluts -bikes and more“ hatte mit der Herstellergarantie nicht zentral geworben. In dem auf Amazon veröffentlichten Angebot fand sich unter der Rubrik „Weitere technische Informationen“ eine „Betriebsanleitung“, die wiederum einen Link zum Hersteller und seinen Garantiebedingungen enthielt.

Das Konkurrenzunternehmen „The Trading Company GmbH“ nahm das Verkaufsangebot unter die Lupe und klagte auf Unterlassung. Beim Verkauf der Schweizer Offiziersmesser auf Amazon hätte der Händler umfassendere Angaben zur Herstellergarantie machen müssen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe legte das Verfahren dem EuGH zur Prüfung vor.

Dieser urteilte nun, dass Unternehmen, die auf Internetseiten wie Amazon Waren verkaufen, nicht generell konkrete Angaben zu Herstellergarantien machen müssen. Nur wenn die Herstellergarantie ein zentrales und entscheidendes Merkmal des Angebots darstellt, seien weitere Angaben nötig.

Zwar müssten Verbraucher sämtliche „bedeutsame Informationen“ zu dem Produkt erhalten, wie Eigenschaften der Waren und auch über die untrennbar mit dem Produkt verbundenen Garantien, wie die Herstellergarantie. Eine unbedingte Verpflichtung, diese Informationen bereitzustellen, sei aber unverhältnismäßig, so der EuGH. Denn der Unternehmer müsste dann die entsprechenden Informationen „mit erheblichem Aufwand“ sammeln und aktualisieren, selbst wenn mit dem Hersteller keine vertragliche Beziehung besteht.

In der Abwägung zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sei es daher angemessen, dass Angaben zur Herstellergarantie nur erforderlich sind, wenn diese als Verkaufs- oder Werbeargument genutzt wird, urteilte der EuGH. Hierzu müssten Inhalt und Gestaltung des Angebotes und auch die Positionierung der Erwähnung der Garantie berücksichtigt werden.

Stelle die Herstellergarantie ein zentrales Verkaufsargument für den Händler dar, müssten Dauer und räumlicher Geltungsbereich der Garantie genannt werden. Dazu könnten auch Informationen über den Reparaturort bei Beschädigungen, mögliche Garantiebeschränkungen und je nach den Umständen auch Name und Anschrift des Garantiegebers gehören.

Nach diesen Vorgaben muss nun der BGH über den Fall entscheiden.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© nmann77 - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Umgang mit Zahlungsausfällen im Handel mit EU-Partnern

Handelsgeschäfte innerhalb der EU können für zusätzliche Umsätze für ein Unternehmen sorgen oder die Grundlage einer Unternehmung darstellen. Allerdings besteht im EU-Ausland auch ein etwas größeres Risiko für Zahlungsausfälle, denn die offenen Forderungen lassen sich oftmals nicht so einfach eintreiben wie bei Handelspartnern innerhalb Deutschlands. Wer sich gegen die Risiken wappnen möchte, sollte seine rechtlichen Möglichkeiten kennen. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die rechtlichen Schritte und zeigt Unternehmern auf, welche Maßnahmen sie präventiv und bei einem tatsächlichen Zahlungsausfall eines Handelspartners im EU-Ausland ergreifen können.  ... weiter lesen

Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Bundesgerichtshof regelt Offenlegung von Google-Betriebsgeheimnissen

In einem aktuellen Urteil vom 20. Februar 2024, Aktenzeichen KVB 69/23 , hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, inwieweit das Bundeskartellamt vertrauliche Informationen von Google, die als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gelten, in einem Kartellverwaltungsverfahren gegenüber Wettbewerbern offenlegen darf. Bundeskartellamt kontra Google: Streit um Automotive Services eskaliert Im Mittelpunkt steht eine Auseinandersetzung zwischen dem Bundeskartellamt und Google bezüglich der Google Automotive Services (GAS), einschließlich Google Maps, Google Play und Google Assistant, die Google nur gebündelt an Fahrzeughersteller lizenziert. Das ... weiter lesen

Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Kleingewerbe anmelden: So geht man vor

Viele Menschen träumen von der Selbstständigkeit . Wer sich selbstständig macht, kann eigene Ideen verwirklichen, seine Leidenschaft ausleben und sich seine Zeit frei einteilen. Ein Traum, der auch Schattenseiten hat. Unbezahlter Urlaub, umfassende rechtliche und steuerliche Verpflichtungen sowie ein unregelmäßiges Einkommen sind einige Nachteile von Selbstständigen. Um das Risiko zu minimieren, entscheiden sich viele Menschen dafür, ein Kleingewerbe anzumelden und sich neben dem Hauptberuf selbstständig zu machen. Ein Kleingewerbe kann allerdings auch hauptberuflich ausgeübt werden. Eine Statistik aus dem Vorjahr zeigt: 2022 wurden allein 673.500 Gewerbeanmeldungen ... weiter lesen

Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Kleingewerbe anmelden – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Wer ein Unternehmen gründen möchte, der muss hierfür zwangsläufig ein Gewerbe beim zuständigen Gewerbeamt anmelden. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Selbstständige noch überhaupt keinen Umsatz generiert. Daher muss sich jeder angehende Unternehmer mit dieser Thematik beschäftigen.  Die Anmeldung eines Kleingewerbes Unabhängig davon, ob die Selbstständigkeit haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werden soll, besteht die Pflicht einer Gewerbeanmeldung. Dabei ist die Gewinnerzielungsabsicht entscheidend. Wer einer Tätigkeit dauerhaft nachgeht und langfristig mit dieser Tätigkeit Gewinn erwirtschaften möchte, der kommt um eine Anmeldung beim Gewerbeamt ... weiter lesen

Ihre Spezialisten