Ein aktuelles Urteil des LG Frankfurt a.M. vom 16. Mai 2025 stellt klar: Auch Handyvideos können urheberrechtlich geschützt sein. Dies betrifft vor allem die Nutzung durch Medienunternehmen, die solche Aufnahmen über soziale Netzwerke hinaus kommerziell verwerten wollen.
Handyvideos zwischen Alltagsaufnahme und schöpferischer Leistung
Der Laufbildschutz gemäß § 95 UrhG schützt Bild- oder Tonfolgen, die keine Filmwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG darstellen, aber dennoch ein Mindestmaß an Individualität aufweisen. Entscheidend ist hierbei nicht die künstlerische Qualität, sondern eine erkennbare persönliche Prägung. Das Gericht betont, dass beispielsweise die Wahl der Perspektive, gezielte Kameraführung oder kompositorische Gestaltungselemente ausreichen können, um den Schutz zu begründen.
Abgrenzung zum Filmwerk und Lichtbildschutz
Während Filmwerke umfassend nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt sind, greift der Laufbildschutz, wenn die Gestaltungshöhe für ein Werk nicht erreicht wird. Daneben ist auch ein Schutz einzelner Standbilder als Lichtbilder nach § 72 UrhG möglich, sofern sie eine gewisse Individualität aufweisen. Die Schutzdauer beträgt für Laufbilder in der Regel 50 Jahre ab Erscheinen oder Herstellung. Zum Vergleich: Filmwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG sind in der Regel 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder der Urheberin geschützt (post mortem auctoris).
Der entschiedene Fall: Handyvideo vom Hochwasser aus Baden-Württemberg
Eine Privatperson filmte mit einem Smartphone den Einsturz einer Lärmschutzwand während eines Hochwassers. Die Aufnahme wurde von einer Nachrichtenagentur erworben, die exklusive Nutzungsrechte erhielt. Ein anderes Medienunternehmen entnahm daraus Standbilder und bot diese ohne Zustimmung kommerziell an. Das Gericht sah darin eine Verletzung der exklusiven Nutzungsrechte und bejahte sowohl Unterlassungs- als auch Schadensersatzansprüche.
Entscheidungsgründe des LG Frankfurt
Das Landgericht Frankfurt (Az.: 2-06 O 299/24) erkannte der Videoaufnahme Laufbildschutz zu. Die Individualität sei durch gezielte Kameraführung und bewusste Bildgestaltung gegeben. Die Nutzung der Standbilder ohne Zustimmung verletze die eingeräumten Nutzungsrechte. Das Gericht betonte, dass eine Veröffentlichung in sozialen Netzwerken keine stillschweigende Rechteübertragung an Dritte darstellt.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch bei Alltagsaufnahmen exklusive Nutzungsrechte wirksam übertragen werden können. Voraussetzung ist eine ausdrückliche Vereinbarung. Medienunternehmen müssen daher vor einer Verwertung sicherstellen, dass entsprechende Rechte vorliegen. Eine einfache Veröffentlichung im Internet genügt nicht.
Medienrechtliche Konsequenzen
Für die Medienpraxis bedeutet dies:
- Jede Nutzung von Handyvideos Dritter erfordert eine Rechteprüfung
- Schriftliche Vereinbarungen über Nutzungsrechte sind unerlässlich
- Auch einzelne Frames (Standbilder) können geschützt sein
- Verstöße können zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen führen
Schutz für Privatpersonen
Privatpersonen, die mit dem Smartphone aktuelle Ereignisse dokumentieren, können sich auf ihre Urheberrechte berufen. Die Entscheidung stärkt ihre Position gegenüber unbefugter Nutzung durch Medienakteure.
Tipp für die Praxis: Bestehen Sie im Falle von Rechteeinräumungen - auch bei Alltagsvideos - stets auf eine schriftliche Nutzungsvereinbarung, die Verwendungszweck, Reichweite, Dauer und Vergütung explizit regelt. Achten Sie darauf, typische Unklarheiten zu vermeiden, etwa zu den Nutzungsarten (Online, TV, Print) oder zur Möglichkeit von Unterlizenzen. Hilfreich ist es, Musterformulierungen zu verwenden, die juristisch geprüft sind.
Zusammenfassung
Das Urteil des LG Frankfurt a.M. zeigt: Auch scheinbar einfache Handyvideos können urheberrechtlich geschützt sein. Medienunternehmen sollten ihre Lizenzpraxis überprüfen und klare Verfahren zur Rechteklärung etablieren, um Risiken zu vermeiden. Der Fall unterstreicht die Bedeutung des Urheberrechts im digitalen Alltag.
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