Marburg (jur). Schüler in Hartz-IV-Familien mit Lese- und Rechtschreibschwäche können eine entsprechende Therapie aus dem Hartz-IV-Bildungspaket bezahlen. Dies ist zeitlich unbegrenzt möglich, wie das Sozialgericht (SG) Marburg in einem am Dienstag, 6. November 2012, bekanntgegebenen Eilbeschluss vom 1. November 2012 entschied (Az.: 5 AS 213/12).
Damit gab das SG einer zwölfjährigen Schülerin aus Marburg recht. Obwohl ihre Schule sie von der ersten Klasse an besonders unterstützte, blieb ihre Lese- und Rechtschreibschwäche ein Hindernis für ihre schulischen Leistungen. Seit 2011 erhält sie daher eine besondere außerschulische Therapie.
Schon im ersten Anlauf zahlte das Jobcenter erst nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss. Nun lehnte die Behörde erneut die Finanzierung ab: Zumindest eine dauerhafte Förderung sei vom Gesetz nicht vorgesehen.
Dem widersprach das SG. Ohne ausreichende Therapie wirke sich eine Lese- und Rechtschreibschwäche „massiv auf das Bildungsniveau und damit auch auf die Berufschancen aus“. Soweit die Lernschwäche nicht mit einer psychischen Erkrankung verbunden sei, bleibe dafür auch das Jobcenter zuständig. Es müsse die Leistungen daher aus dem „Bildungspaket“ erbringen.
Eine Ablehnung sei nur dann zulässig, wenn die Förderung erfolglos bleibe und das „geistige Potenzial“ des Kindes übersteige. Im Streitfall sei die Schülerin aber überdurchschnittlich intelligent. Ihre Lese- und Rechtschreibschwäche dürfe die Ausschöpfung ihrer Möglichkeiten daher nicht behindern.
Die meist kurz als Bildungspaket bezeichneten „Leistungen für Bildung und Teilhabe“ sollen besondere Unterstützungen für Schulkinder möglich machen, etwa einen Zuschuss zum Mittagessen oder Schulmaterial. Es umfasst aber auch Nachhilfeunterricht oder wie im Marburger Fall eine anderweitige „Lernförderung“, wenn die Schule den Bedarf bestätigt.
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