Wer kennt nicht die Situation, in der man einem (großen) Hund begegnet, der unangeleint ist und auf einem zu gerannt kommt. Je nachdem, wie groß die Angst vor Hunden ist, steigt nicht nur die Panik entsprechend schnell, sondern auch die Hoffnung, dass der Hundehalter sein Tier zurückruft. Stattdessen hört man nur ein „Der will nur spielen!“. Was ist aber, wenn der Hund beim „Spielen“ aus Versehen die Kleidung zerfetzt, kratzt und beißt. Bekommt man bereits in einem solchen Fall ein Schmerzensgeld, oder nur, wenn der Hund böswillig zubeißt? Kann sich ein Hundehalter von seiner Haftung befreien?
Rechtslage
Das zivilrechtliche Deliktsrecht regelt in den §§ 833, 834 BGB [Bürgerliches Gesetzbuch] die Haftung des Tierhalters und des Tieraufsehers. Danach müssen sie in der Regel den Schaden ersetzen, den ein (Haus-)Tier verursacht hat; zu diesem Schadensersatz zählt gem. § 253 Absatz 2 BGB auch ein adäquates Schmerzensgeld.
Nach § 833 Satz 2 BGB kann sich der Tierhalter zwar von der Haftung befreien (sog. Exkulpation), jedoch nur dann, wenn es sich bei dem Haustier um ein sog. Nutztier handelt, also um ein Tier, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Diese Voraussetzung wird in der Regel bei Hunden allerdings nicht gegeben sein, es sei denn es handelt sich bspw. um ein Wachhund des eigenen Unternehmens, und der Hundebiss ist im Rahmen dieser Funktion verursacht worden.
Nach § 834 Satz 2 BGB kann sich auch der Tierhüter, also derjenige, der die Aufsicht des Hundes durch Vertrag übernommen hat, exkulpieren. Dabei muss es sich nicht um ein Nutztier handeln, es genügt, wenn er darlegen kann, dass er bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Er trägt insoweit also die Beweislast. Zu beachten ist, dass ein Tierheim als Tierhalter angesehen wird.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld umfasst nicht nur die Verletzungen, die von dem Hundebiss selbst herrühren, sondern auch solche Verletzungen, die bspw. durch einen Sturz mit dem Fahrrad verursacht wurden.
Dem Opfer eines Hundebisses kann unter Umständen auch eine Mitschuld (vgl. § 254 BGB) zugerechnet werden. Kommt es bspw. zu einem Gerangel zwischen zwei Hunden, in dessen Rahmen der Halter des einen Hundes von dem anderen Hund gebissen wird, so ist die typische Tiergefahr des eigenen Hundes bei der Schadensentstehung mitursächlich geworden. Die Folge eines solchen Mitverschuldens ist eine Minderung des Schadensersatzanspruchs.
Wie viel Schmerzensgeld ist bei einem Hundebiss zu erwarten?
Dies richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere:
- War der Hund angeleint?
- Wie genau kam es zum Biss?
- Wo wurde das Opfer gebissen?
- Welche Schäden hat das Opfer genau davon getragen?
- Besteht eine Mitschuld des Opfers?
Die Rechtsprechung hat sich über die Jahre mehr oder weniger auf folgende Schmerzensgeldbeträge, wobei es selbstverständlich im Einzelfall doch zu Abweichungen kommen kann:
- 100 bis 400 Euro
bei einem einfachen Hundebiss, der lediglich zu geringfügigen Verletzungen, ohne Infektionen oder sonstige Folgeschäden, führt. Daneben kann eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu Tagen gegeben sein.
- 400 bis 800 Euro
bei mehreren Bisswunden, die insgesamt dennoch lediglich geringfügig und deshalb auch keine Folgeschäden zu erwarten sind. Eine Arbeitsunfähigkeit kann hier bis zu sieben Tage gegeben sein.
- 800 bis 1.200 Euro
wenn der Hundebiss zu einer sichtbaren Narbenbildung führt. Zwar ist auch ein kurzer Krankenhausaufenthalt möglich, eine Arbeitsunfähigkeit kann bis zu zwei Wochen gegeben sein.
- 1.200 bis 1.500 Euro
wenn der Hundebiss darüber hinaus ein Bewegungsdefizit, Taubheitsgefühle oder sonstige längerfristige Beeinträchtigungen nach sich zieht.
- 1.500 bis 2.000 Euro
bei einem Hundebiss, der sich infiziert und deshalb eine Operation sowie eine längere Behandlung notwendig ist. Dabei kann die Behandlungsdauer bis zu sechs Wochen liegen. Daneben kann eine deutlich sichtbare Narbenbildung sowie eine psychische Beeinträchtigung, die sich über Jahre auswirkt, ein solches Schmerzensgeld nach sich ziehen.
- 2.000 bis 3.000 Euro
bei mehreren Hundebissen, die sich infizieren und deshalb Operationen sowie ein längerer Krankenhausaufenthalt notwendig ist. Darüber hinaus führt der Biss zu deutlich sichtbaren Narben. Eine Arbeitsunfähigkeit kann hier bis zu sechs Wochen gegeben sein.
- 3.000 bis 5.000 Euro
bei lebensbedrohlichen Bisswunden oder wenn besonders erhebliche psychische Beeinträchtigung die Folge sind.
- 5.000 bis über 10.000 Euro
wenn durch die lebensbedrohliche Bisswunde ein Stück Muskelfleisch herausgebissen wird und es obendrein zu einer dauerhaften Beeinträchtigung kommt. Das Schmerzensgeld kann sich aber auch bei einer Entstellung im Gesicht in diesem Spektrum bewegen.
Welche sonstigen Kosten kann man sich ersetzen lassen?
Nach § 833 Satz 1 BGB müssen sämtliche Schäden ersetzt werden. Dazu gehören bspw. auch etwaige Sachschäden (etwa bei der Kleidung) oder Kosten für Hilfs- und Heilmittel (Medikamente, Unterarmgehstützen). Darüber können alle Fahrtkosten zu Ärzten und Krankenhäusern erstattet werden, auch die der Besucher.
Selbstverständlich können aber auch die notwendigen Rechtsverfolgungskosten, also auch die Kosten für einen Anwalt und ggf. Gericht, ersetzt werden.
Tipp:
Die Kosten für den Hundehalter können im Einzelfall also durchaus immens sein, weshalb stets ratsam ist, als Hundehalter eine Hundehalterhaftpflichtversicherung abzuschließen.
Quelle: Sebastian Klingenberg, ref. iur.
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