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Insolvenzanfechtung vermeidbar?

29.03.2021 Insolvenzrecht

Denjenigen, der glaubt, mit der Sicherungsübereignung oder Bestellung einer Grundschuld oder gar der Bezahlung von Forderungen durch einen insolvenzgefährdeten Schuldner sein Geld zu retten, belehrt später der Insolvenzverwalter oft eines Besseren: Dieser ficht meist diese Geschäfte an und fordert die Rückgabe von Sicherheiten und Zahlungen.

Insolvenzanfechtungen setzen Anfechtungsgründe voraus

Doch kann der Insolvenzverwalter nicht jede geleistete Zahlung zurückfordern: Das Gesetz stellt zunächst klare Bedingungen auf. Diese sind in § 129 bis § 147 Insolvenzordnung (InsO) geregelt. So müssen für eine zulässige Insolvenzanfechtung sogenannte Anfechtungsgründe vorliegen. In der Praxis kommen am häufigsten folgende Anfechtungsgründe vor:

Rechtshandlungen mit kongruenter Deckung nach § 130 InsO

So können Rechtshandlungen mit kongruenter Deckung, wenn diese in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens getätigt wurden, angefochten werden, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger dies wusste. Kongruente Deckung bedeutet grob gesagt, dass die erbrachte Leistung des Schuldners zu diesem erbrachten Zeitpunkt in der geleisteten Art auch geschuldet war, also zum Beispiel der Schuldner den vereinbarten Preis zum vereinbarten Zeitpunkt bezahlt oder eine Sicherheit bestellt hat.

Rechtshandlungen mit inkongruenter Deckung nach § 131 InsO

Der Insolvenzverwalter kann Rechtshandlungen mit inkongruenter Deckung, also Leistungen, die nicht zu dieser Zeit, in dieser Art oder überhaupt nicht geschuldet waren, anfechten. Voraussetzung ist, dass der Schuldner die Leistungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag erbracht hat und

  • entweder der Schuldner zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war oder
  • der Gläubiger wusste, dass diese Leistung andere Gläubiger benachteiligt hat.

Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen nach § 132 InsO

Anfechtbar sind auch Rechtshandlungen, die innerhalb von drei Monaten vor Antragstellung oder danach erfolgten, wenn Gläubiger dadurch unmittelbar benachteiligt wurden. Zum Beispiel der Kauf von Waren oder Dienstleistungen zu überteuerten Preisen. Zudem muss der Gläubiger entweder Kenntnis

  • von der Antragstellung oder
  • von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners

gehabt haben.

Vorsätzliche benachteiligende Rechtshandlung nach § 133 InsO

Eine große Fallgruppe von Insolvenzanfechtungen stellten bisher die vorsätzlichen benachteiligenden Rechtshandlungen dar: Hiernach ist ein Anfechtungsgrund gegeben, wenn der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor Antragstellung oder danach mit der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, eine Rechtshandlung vorgenommen hat und der Gläubiger diesen Vorsatz kannte. In den Fällen, in denen der Schuldner eine Befriedigung oder Sicherung, wie zum Beispiel die Bestellung einer Grundschuld, gewährt hat, verkürzt sich der Zeitraum auf die letzten vier Jahre vor der Antragstellung und danach.

Weitere Anfechtungsgründe

Neben diesen oben angeführten Rechtshandlungen gibt es noch folgende weitere Insolvenzanfechtungen wegen:

  • unentgeltlicher Leistungen nach § 134 InsO, wie zum Beispiel Geschenke,
  • Sicherungen oder Befriedigungen von Gesellschafterdarlehen nach § 135 InsO,
  • Rückgewähr einer Einlage bei einer stillen Gesellschaft nach § 136 InsO.

Anfechtungen aufgrund dieser Gründe kommen aber in der Praxis eher selten vor.

Folgen einer erfolgreichen Anfechtung

Ist die Anfechtung berechtigt, kann der Insolvenzverwalter die empfangene Leistung zurückfordern. Allerdings lebt auch die Forderung des Gläubigers wieder auf. Deshalb sollten die Forderungen der angefochtenen Leistungen rechtzeitig bei der Insolvenztabelle angemeldet werden, um noch größere Nachteile zu vermeiden.

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