Erbrecht

Ist die Alleinerbin tot, erbt der Staat

Zuletzt bearbeitet am: 26.04.2023

München (jur). Soll eine Erbschaft an nicht oder nur entfernt verwandte Personen gehen, sollte der Erblasser mit überlegen, ob gegebenenfalls auch deren Angehörige begünstigt sein sollen. Denn finden sich im Testament keinerlei Hinweise auf solche „Ersatzerben“, dann gilt die gesetzliche Erbfolge und das Geld geht im Zweifel an den Staat, wie das Oberlandesgericht (OLG) München in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 19. Dezember 2012 entschied (Az.: 31 Wx 372/11).

Im Streitfall starb die Erblasserin im Alter von 88 Jahren. Ihr einziger Sohn hatte keine Kinder und war ebenso wie ihr Ehemann schon vorher verstorben. Daher hatte sie in ihrem Testament eine Frau als Alleinerbin eingesetzt, die sie und ihren Ehemann über Jahre gepflegt hatte.

Allerdings hatte die Erblasserin auch diese Frau überlebt. Daher beantragte deren Ehemann einen Erbschein.

Doch der Ehemann der verstorbenen Alleinerbin und auch deren Tochter gehen leer aus, urteilte das OLG. Das Testament enthalte keinerlei Hinweis, dass sie gegebenenfalls als Ersatzerben begünstigt sein sollen. Als Konsequenz geht das Erbe an den Freistaat Bayern.

Werden in einem Testament eigene Nachkommen begünstigt, geht der entsprechende Erbanteil schon laut Gesetz gegebenenfalls auf dessen Nachkommen über. Die Rechtsprechung hat diesen Gedanken auch auf andere nah verwandte oder verschwägerte Personen bezogen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass eine enge Bindung in der Regel wohl zur gesamten Familie bestanden hat und die im Testament bedachte Person „lediglich als die erste ihres Stammes“ genannt wird.

Auf nicht verwandte Erben lässt sich dies aber nicht mehr übertragen, urteilte nun das OLG. Hier sei vielmehr davon auszugehen, dass eine enge Bindung nur zu der tatsächlich im Testament genannten Person bestand. Deren Angehörige könnten daher nur als Ersatzerben benannt werden, wenn das Testament zumindest Hinweise in diese Richtung enthält.

Solche Hinweise gebe es im Streitfall nicht, so das OLG weiter. Dass sich der Ehemann der verstorbenen Alleinerbin nach eigenen Angaben über Jahre um die Finanzen der Erblasserin gekümmert hatte, ändere daran nichts. Vielmehr hätte es nahe gelegen, dass die alte Frau den Ehemann dann auch im Testament erwähnt – wenn sie es denn gewollt hätte, so das OLG.

Als Konsequenz des Münchener Urteils tritt nun die gesetzliche Erbfolge ein. Gesetzlicher Erbe ist, wenn es keine Nachkommen gibt, das Bundesland des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen. Die Revision ließ das OLG nicht zu, der Ehemann der ursprünglich bedachten aber ebenfalls verstorbenen Alleinerbin kann dagegen aber Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe einlegen.

Quelle:© www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Erbrecht Erbfallkostenpauschale auch für „Nacherben“

München (jur). Sieht ein Testament vor, dass zunächst der Ehepartner und dann beispielsweise die Kinder erben sollen, sind dies zwei getrennte „Erbfälle“. Daher können zunächst der Ehemann als „Vorerbe“ und dann auch die Kinder als „Nacherben“ bei der Erbschaftsteuer die „Erbfallkostenpauschale“ absetzen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 4. Mai 2023, veröffentlichten Urteil entschied (Az.: II R 3/20). Ein Nachweis, dass im Zusammenhang mit dem Erbe Kosten entstanden sind, sei dafür nicht nötig.  Gerade bei Ehepaaren mit Kindern sind solche Testamente inzwischen üblich. Auch im Streitfall hatte die Erblasserin ... weiter lesen

Erbrecht Pflichtteil beantragt heißt noch nicht Pflichtteil erhalten

Frankfurt/Main (jur). Setzen sich Eltern zunächst gegenseitig als Erben ein, hängt die Wirkung einer „Pflichtteilsstrafklausel“ von ihrer konkreten Formulierung ab. Das zeigt ein am Montag, 6. März 2023, bekanntgegebener Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main (Az.: 21 W 104/22). Eine Klausel, die an den „Erhalt“ des Pflichtteils anknüpft, setzt danach „einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus.“  Mehr als die Hälfte der Ehepaare vereinbaren inzwischen ein sogenanntes Berliner Testament, in dem sie sich zunächst gegenseitig als Erben einsetzen. Erst nach dem Tod auch des zweiten Elternteils sind dann die Kinder sogenannte ... weiter lesen

Erbrecht „Vermachen“ statt „vererben“ kann Erbschaftsteuer sparen

München (jur). Wenn Ausländer eine in Deutschland gelegene Immobilie vererben, wird darauf eigentlich Erbschaftsteuer fällig. Ist auch die Empfängerin im Ausland, können sie dies dank einer Gesetzeslücke aber umgehen, indem sie die Immobilie als „Vermächtnis“ weitergeben, wie am Dienstag, 28. Februar 2023, der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem bei seiner Jahrespressekonferenz bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: II R 37/19). Die Gesetzeslücke sei seit Jahren bekannt, sei aber nie geschlossen worden.   Die Erblasserin im Streitfall lebte in der Schweiz. Ihr gehörte eine Wohnung in München, die sie einer Nichte in den USA „vermacht“ hatte. Die ... weiter lesen

Erbrecht Kinder haften für ihre verstorbenen Eltern

Kassel (jur). Stehen nach dem Tod eines Versicherten noch Rückforderungen der Rentenversicherung aus, gehen diese mit in den Nachlass ein. Die Rentenversicherung darf das Geld daher bei den Erben eintreiben, wie am Mittwoch, 8. Februar 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied (Az.: B 5 R 2/22 R).  Im konkreten Fall geht es um eine Rückforderung von 5.230 Euro gegen eine Frau aus Hessen. Sie hatte dies nicht akzeptiert und geklagt. Doch noch vor dem Urteil des Sozialgerichts starb die Frau. Ihr Ehemann und alleiniger Erbe setzte das Verfahren fort. Doch das Sozialgericht und auch das Landessozialgericht gaben der Rentenversicherung recht.  ... weiter lesen

Ihre Spezialisten