Jetzt mit einem Premiumeintrag mehr Mandate generieren & 1 Monat kostenlos testenPfeil rechtsPremiumeintrag jetzt kostenlos testenPfeil rechts

Ist eine Anwesenheitsprämie bei Krankheit zulässig?

SternSternSternSternStern
(15 Bewertungen)26.09.2025 Arbeitsrecht

Dürfen Arbeitgeber eine Anwesenheitsprämie einführen, die nur „gesunden“ Arbeitnehmern zusteht? Dies erfahren Sie in dem folgenden Ratgeber.

Was ist eine Anwesenheitsprämie?

Einige Arbeitnehmer haben neuerdings eine Anwesenheitsprämie eingeführt. Hierbei handelt es sich um eine gesonderte Vergütung über das normale Arbeitseinkommen hinaus. Diese Zahlung erhalten Arbeitnehmer nur dann, wenn Sie sich für einen bestimmten Zeitraum - wie innerhalb eines Jahres oder etwa eines Quartals - nicht krankgemeldet haben. Die Unternehmen wie Amazon rechtfertigen dies damit, dass sie dadurch den bei ihnen vorherrschenden hohen Krankheitsstand bekämpfen wollen.

Anwesenheitsprämie bei Krankheit erlaubt?

Die Frage ist jedoch, inwieweit eine Anwesenheitsprämie rechtlich zulässig ist. Dies richtet sich nach der Regelung von § 4a EFZG. Dies haben das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.07.2001 – 10 AZR 502/00 sowie das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 13.11.2011 - 16 Sa. 1521/09 klargestellt. Hiernach dürfen Sonderzuwendungen nur unter bestimmten Umständen gekürzt werden.

Die Zulässigkeit einer Anwesenheitsprämie setzt hiernach zunächst einmal voraus, dass sie nur für den Fall einer Erkrankung eingeführt werden. Demgegenüber sind Regelungen unzulässig, die lediglich an die bloße Anwesenheit am Arbeitsplatz anknüpfen. Denn hierdurch werden auch Arbeitnehmer benachteiligt, die sich Erholungsurlaub nehmen, der ihnen nach dem Gesetz oder anderen Regelungen, wie dem Tarifvertrag zusteht. Darüber hinaus bezieht sich der Wortlaut von § 4a EFZG lediglich auf krankheitsbedingten Arbeitsausfall.

Ferner dürfen Arbeitgeber gemäß § 4a EFZG keine zu hohen Anwesenheitsprämien für Mitarbeiter ohne Krankschreibungen vorsehen. Dies ergibt sich daraus, dass Sonderzuwendungen wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers nur in einem bestimmten Umfang gekürzt werden dürfen. Diese darf für jeden Tag der Krankschreibung ein Viertel des Arbeitsentgelts nicht überschreiten, dass im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt.

Schließlich setzt die Einführung einer Anwesenheitspauschale eine klare Regelung im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag voraus.

Sippenhaft durch Gruppenbonus

Allerdings ist fraglich, ob die Einführung dieser Anwesenheitsprämie bei Amazon rechtmäßig erfolgt ist. Denn hier gibt es eine Besonderheit, die es in sich hat. Nach aktuellen Berichten in den Medien richtet sich die Höhe dieser „Gesundheitsprämie“ nicht nur nach den krankheitsbedingten Fehltagen des jeweiligen Mitarbeiters. Vielmehr kommt es auch darauf an, wie oft sich die Kollegen in einer Abteilung krankschreiben lassen.

Zweifelhaft ist, ob ein solcher Gruppenbonus im Einklang mit § 4a EFZG steht. Denn der jeweilige Arbeitnehmer wird hierdurch zugleich in Sippenhaft genommen für die Krankheitstage seiner Kollegen. Hier ist zu befürchten, dass der jeweilige Mitarbeiter durch die Kollegen erheblich unter Druck gesetzt wird.

Fazit:

Von daher sollten Arbeitnehmer erwägen, dass sie zumindest gegen eine solche Anwesenheitsprämie mit einem Gruppenbonus vorgehen. Sie sollten nach einer Kürzung der Prämie den Arbeitgeber auffordern, ihm die Sondervergütung ohne Abzüge auszuzahlen. Wenn das nicht klappt, sollte er sich mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder Rechtssekretär in Verbindung setzen. Arbeitgeber sollten bedenken, dass bei einer Anwesenheitsprämie - besonders mit einem Gruppenbonus - die Gefahr besteht, dass sich Arbeitnehmer mit ansteckenden Krankheiten zur Arbeit schleppen.

 

Autor: Harald Büring (Fachanwalt.de-Redaktion)
Foto: © Aycatcher - Fotolia.com

Diesen Artikel bewerten:
Diesen Artikel teilen: Linkedin Xing X
Whatsapp
Facebook
Fragen? Jetzt Fachanwalt.de-KI kostenlos fragen

Ihr Chatverlauf

Schildern Sie Ihr Problem ausführlich und erhalten innerhalb von Sekunden eine kostenlose KI-Ersteinschätzung:

Mit Nutzung unseres KI-Features akzeptieren Sie unsere Nutzungsbedingungen.

SofortantwortSofortantwort 24/7
NachfragemöglichkeitNachfragemöglichkeit
Kostenlos!Kostenlos!
Antwort erhalten Pfeil nach rechts
Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Relevanz des Paarvergleichs: Konkretisierung der Entgeltgleichheit durch das BAG
13.11.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Relevanz des Paarvergleichs: Konkretisierung der Entgeltgleichheit durch das BAG

Mit seinem Urteil vom 23. Oktober 2025 ( Az. 8 AZR 300/24 ) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Durchsetzung der Entgeltgleichheit signifikant gestärkt. Die Entscheidung etabliert, dass eine Entgeltdifferenz zu einem einzelnen männlichen Vergleichskollegen die Vermutung geschlechtsbezogener Diskriminierung begründet. Diese Präzisierung erhöht die Anforderungen an die Transparenz und Objektivität unternehmensinterner Vergütungsstrukturen erheblich. Etablierung des individuellen Paarvergleichs als Diskriminierungsindiz Der Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit ist ein Grundsatz des europäischen Arbeitsrechts. Das Urteil bestätigt die prozessuale Tragweite des Paarvergleichs: Der Nachweis einer geringeren Entlohnung einer Arbeitnehmerin gegenüber einem männlichen...

weiter lesen weiter lesen

Vorzeitiger Verzicht auf qualifiziertes Arbeitszeugnis unwirksam
12.11.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Vorzeitiger Verzicht auf qualifiziertes Arbeitszeugnis unwirksam

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 18. Juni 2025 (Az. 2 AZR 96/24 (B)) etabliert den Rechtsgrundsatz, dass Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen wirksamen Verzicht auf das qualifizierte Arbeitszeugnis erklären können. Diese juristische Präzisierung limitiert die Gestaltungsmöglichkeiten in Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen, konsolidiert den Arbeitnehmerschutz und unterstreicht die fundamentale Bedeutung der Rechtsprechung zum Arbeitszeugnis Verzicht im nationalen Arbeitsrecht. Gesetzlicher Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis Der Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ist in § 109 der Gewerbeordnung (GewO) normiert. Diese Bestimmung hat die Aufgabe, neben der Beschreibung der Art und Dauer der Tätigkeit, eine umfassende Beurteilung der Leistung und...

weiter lesen weiter lesen
Kirchliches Selbstbestimmungsrecht gestärkt: Wer darf Konfession als Einstellungsvoraussetzung fordern?
07.11.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
Kirchliches Selbstbestimmungsrecht gestärkt: Wer darf Konfession als Einstellungsvoraussetzung fordern?

Mit seiner Entscheidung vom 29. September 2025 ( Az. 2 BvR 934/19 ) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben. Das Gericht hob ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf, das einen kirchlichen Arbeitgeber zur Entschädigung einer konfessionslosen Bewerberin verurteilt hatte. Die Richter urteilten, dass das BAG das Kirchliches Selbstbestimmungsrecht des Arbeitgebers nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Die zentrale Rechtsfrage: AGG versus kirchliche Autonomie Der Fall betrifft die Kollision zwischen dem Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und dem verfassungsrechtlich geschützten religiösen Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. § 9 Abs. 1 AGG erlaubt Kirchen und Religionsgemeinschaften, bei der Einstellung von...

weiter lesen weiter lesen

BAG stellt klar: Telefonkonferenz bei Nachberatungen zulässig
SternSternSternSternStern
(2 Bewertungen)22.10.2025Redaktion fachanwalt.deArbeitsrecht
BAG stellt klar: Telefonkonferenz bei Nachberatungen zulässig

Mit Beschluss vom 9. September 2025 ( Az. 5 AZN 142/25 ) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die seit Langem umstrittene Frage der richterlichen Nachberatung präzisiert und dabei die Telefonkonferenz als zulässige Form der Beratung bestätigt. Das Gericht stellte klar, dass die Einführung der Videokonferenztechnik durch das Gesetz vom 19. Juli 2024 (BGBl. I Nr. 222) die bisherige Praxis nicht verdrängt. Betont wird die unbedingte Notwendigkeit der vollständigen Besetzung des Spruchkörpers. Kernaussage der Entscheidung Auch nach der Neufassung von § 193 Abs. 1 GVG und dem neuen § 9 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 ArbGG (seit 19. Juli 2024) dürfen Gericht und Richter – sofern alle zustimmen – nachträgliche Beratungen und Abstimmungen über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auch telefonisch...

weiter lesen weiter lesen

Icon Über den Autor

Rechtsanwalt gesucht?
Sie haben Fragen?