Sozialrecht

Jobcenter muss bei Mietschulden nicht immer mit Darlehen helfen

Zuletzt bearbeitet am: 19.02.2024

Halle (jur). Langzeitarbeitslose können bei Mietschulden nicht immer mit einem Darlehen des Jobcenters rechnen. Ein Darlehen kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn damit Wohnungslosigkeit vermieden werden kann und die Mietschulden für die bewohnte Unterkunft entstanden sind, entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in Halle in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 2. Februar 2023 (Az.: L 2 AS 12/23 B ER). 

Im Streitfall ging es um einen alleinstehenden Hartz-IV-Bezieher, der seit Dezember 2014 seine Miete nur teilweise oder gar nicht bezahlt hatte. Zur Begleichung der Mietschulden half das Jobcenter mit einem Darlehen aus. 

Ab August 2021 erhielt er aufgrund eines fehlenden Antrags auf Arbeitslosengeld-II-Leistungen keine Zahlungen mehr vom Jobcenter. Wegen erneuter Mietschulden kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis und erhob Räumungsklage ein. Sie verzichtete zunächst auf eine Zwangsräumung. 

Der Arbeitslose war schließlich mit seiner Lebenssituation überfordert. Ein Betreuungsverfahren wurde mangels Mitwirkung des Mannes wieder eingestellt. Als der Arbeitslose erneut Hartz IV beantragte, forderte das Jobcenter ihn mehrfach erfolglos auf, Nachweise über seine Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung sowie der letzten Nebenkosten- und Stromabrechnungen vorzulegen. Jobcenter-Mitarbeiter fanden den Mann bei einem zuvor schriftlich angekündigten Hausbesuch nicht an. 

Daraufhin erklärte der Arbeitslose, dass er nicht mehr die Wohnung bewohne und die Schlösser ausgetauscht worden seien. Er lebe derzeit in einer Gartenlaube ohne Toilette und Heizung. Es tue ihm leid, dass die Mietschulden durch seine Fehler aufgelaufen seien. Er beantragte ein Darlehen, um diese bezahlen zu können. 

Doch auf das Darlehen habe er keinen Anspruch, entschied das LSG. Zwar sei das Jobcenter gehalten, ein Darlehen zur Begleichung von Mietschulden zu gewähren. Voraussetzung hierfür sei aber dass Wohnungslosigkeit vermieden und die bisherige Wohnung gesichert werde. Im vorliegenden Fall habe der Hartz-IV-Bezieher die Wohnung aber gar nicht mehr genutzt. Für eine aufgegebene Unterkunft müssten keine Schulden übernommen werden. 

Für die angefallenen Mietschulden sei der Hartz-IV-Bezieher auch selbst verantwortlich. Er habe zunächst weder einen Antrag auf Fortzahlung der Hilfeleistungen gestellt, noch habe er beim Jobcenter vorgesprochen. Das bisherige Verhalten des Mannes lasse nicht erwarten, „dass die bisherige Wohnung auf Dauer gesichert werden könnte“, heißt es in dem Beschluss. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© PeJo - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Sozialrecht Verwaltungsgericht Aachen: Hautkrebs eines Polizisten keine Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 1 K 2399/23 ) die Hautkrebserkrankung eines ehemaligen Polizisten nicht als Berufskrankheit anerkannt. Polizist fordert Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit Ein langjähriger Polizeibeamter, der nahezu sein ganzes Berufsleben im Streifendienst verbrachte, forderte die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Betroffene argumentierte, während seiner fast 46 Dienstjahre hauptsächlich im Freien tätig gewesen zu sein, ohne dass ihm Schutzmittel gegen UV-Strahlung zur Verfügung gestellt wurden oder auf die Wichtigkeit solcher Schutzmaßnahmen hingewiesen wurde. Aufgrund ... weiter lesen

Sozialrecht LSG-Urteil: Einzelfahrten von Fahrtrainern als Arbeitsunfall anerkannt

Im aktuellen Fall des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde entschieden, dass die Erkundungsfahrt eines Fahrtrainers als Arbeitsunfall gilt (Az.: L 8 U 3350/22 ). Fahrtrainer-Unfall auf Erkundungsfahrt: Streit um Arbeitsunfall Ein selbständiger Motorrad-Fahrtrainer verletzte sich schwer, als er allein auf Erkundungsfahrt für ein bevorstehendes Training stürzte. Der Unfall ereignete sich 50 km entfernt von seinem Zuhause. Er argumentierte, dass die Fahrt zur Vorbereitung auf ein spezielles Training notwendig war, um die Straßenverhältnisse zu prüfen. Seine Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sie die Fahrt als private ... weiter lesen

Sozialrecht Landessozialgericht entscheidet: Kein Unfallversicherungsschutz auf indirektem Arbeitsweg

Im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde der Fall einer Klägerin behandelt, die auf einem Umweg zur Arbeit verunfallte und daher keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hatte (Az.  L 10 U 3232/21 ). Mutter nach Umweg-Unfall ohne Versicherungsschutz Eine Frau begleitete ihre Tochter auf dem Schulweg zu einem Treffpunkt, der entgegengesetzt zu ihrer Arbeitsstelle lag. Nach diesem Umweg ereignete sich auf dem Weg zur Arbeit, jedoch noch vor dem Erreichen der direkten Route von ihrer Wohnung aus, ein Unfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ... weiter lesen

Sozialrecht Sozialgericht Düsseldorf: Kein Arbeitsunfall bei Hilfe für Schwiegersohn

Das Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 6 U 284/20 ) hat entschieden, dass die Renovierung im Haus des Schwiegervaters nicht als Arbeitsunfall gilt. Verletzung bei Schwiegersohn ist kein Arbeitsunfall Der 51-jährige Kläger unterstützte bei Renovierungsarbeiten im Haus seines Schwiegersohnes, wo dieser mit der Tochter des Klägers und deren Sohn lebte. Während der Arbeiten verletzte sich der Kläger schwer und forderte von der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall, um Leistungen der Unfallversicherung zu erhalten. Die Berufsgenossenschaft wies dies zurück, da eine "Wie-Beschäftigung" aufgrund der familiären Bindung nicht vorliege. ... weiter lesen

Ihre Spezialisten