Celle (jur). Haben Arbeitslose es aus persönlichen oder familiären Gründen bei der Wohnungssuche ganz besonders schwer, muss das Jobcenter gegebenenfalls auch eine Wohnung über der „Angemessenheitsgrenze“ bezahlen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag, 23. Oktober 2023, bekanntgegebenen Eilbeschluss entschieden (Az.: L 13 AS 185/23 B ER).
Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern zwischen 9 und 22 Jahren. Der Älteste ist schwerbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Bislang lebt die sechsköpfige Familie in einer 83 Quadratmeter großen Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Um die Wohnung zu verlassen, muss der Sohn durch das Treppenhaus getragen werden.
Das Jugendamt und auch der Arzt des behinderten Sohns hatten einen Umzug in eine barrierefreie Wohnung dringend empfohlen. Der 22-Jährige sei praktisch in der Wohnung eingeschlossen und könne nicht am normalen Leben teilnehmen. Wegen seiner Behinderung benötige er auch ein eigenes Zimmer.
Nach langer Suche fand die Familie eine geeignete Erdgeschosswohnung mit fünf Zimmern und einer Bruttokaltmiete von 1.426 Euro monatlich. Die vom Jobcenter festgesetzte „Angemessenheitsgrenze“ war allerdings niedriger, konkret 1.353 Euro. Daher verweigerte die Behörde die Kostenzusage.
Nach dem Eilbeschluss aus Celle vom 13. Oktober 2023 muss das Jobcenter die Wohnung aber bezahlen. Zur Begründung verwies das LSG auf die „familiären Besonderheiten“ der sechsköpfigen Familie. Zu deren Größe komme hier noch die Behinderung des Sohnes. Der Zugang zum Wohnungsmarkt sei für Menschen mit Behinderung generell erheblich erschwert. Daher habe hier auch die in Bremen für die Sozialberatung bei der Wohnungssuche zuständige Zentrale Fachstelle Wohnen bestätigt, dass die Familie kaum Aussicht habe, eine andere und günstigere geeignete Wohnung zu finden.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock