Celle (jur). Weist eine Fluggesellschaft nicht auf eine absehbare Verspätung bei der Beförderung des Gepäcks eines Flugreisenden hin, muss sie dem Passagier die entstandenen Schäden erstatten. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Reise in ein weniger entwickeltes und kulturell fremdes Land geht, entschied das Oberlandesgericht Celle in einem am Freitag, 4. November 2022, bekanntgegebe-nen Urteil (Az.: 11 U 9/22).
Im konkreten Fall ging es um eine Familie, die den 50. Geburtstag eines Mitreisenden in Kenia feiern wollte. Bei der Buchung des Fluges war bereits absehbar, dass die Flugzeuge bei voller Beladung nicht auf dem Flughafen in Mombasa landen dürfen. Das Gepäck musste daher teils gesondert trans-portiert werden.
Es kam, wie es kommen musste. Während die Familie pünktlich in Mombasa in Kenia eintraf, trudelte ihr Gepäck mitsamt festlicher Garderobe erst eine Woche später ein. Das Landgericht Hannover ur-teilte, dass die Fluglinie die Kosten für die notdürftige Ersatzbeschaffung ersetzen muss.
Vor dem OLG verlangte die Familie auch den Flugpreis zurück.
Die Celler Richter gaben der Familie in ihrem Urteil vom 20. Oktober 2022 zumindest teilweise recht. Grundsätzlich bestünden auch Ansprüche auf Rückerstattung für die Kosten des Hinflugs. Die Flug-gesellschaft hätte auf die absehbare Verzögerung bei der Gepäckbeförderung hinweisen müssen. Die Beförderungsleistung für den Hinflug sei jedenfalls deshalb wertlos, „weil die zeitnahe Gepäckbeför-derung für den Fluggast hier von wesentlicher Bedeutung war“. Ein in Europa lebender Passagier werde bei fehlendem Gepäck in seinem Aufenthalt in einem weniger entwickelten und kulturell frem-den Land „erheblich beeinträchtigt“.
Die Ersatzbeschaffung für den Gepäckinhalt gehe zudem mit einem deutlichen Zeitaufwand einher. Der eigentlich geplante Reisezweck werde „nachhaltig gestört“. Die Kostenerstattung für den Rück-flug könne jedoch hier nicht verlangt werden, da die Kläger bei Ankunft in Deutschland wieder aus-reichend versorgt seien.
Bei einer Pauschalreise, die hier aber nicht gebucht war, könne dies aber möglichweise wieder anders zu beurteilen sein, so das OLG.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock