Verwaltungsrecht

Kein AfD-Parteitag in verpachteter Veranstaltungshalle

Zuletzt bearbeitet am: 14.03.2023

Lüneburg (jur). Eine Stadt kann Parteien nur ihr zur Verfügung stehende öffentliche Einrichtungen zur Durchführung ihrer Parteitage überlassen. Hat sie eine kommunale Veranstaltungshalle an eine private Betreibergesellschaft verpachtet, besteht für die Stadt regelmäßig keine Einflussmöglichkeit mehr, dass Parteien ihre Veranstaltungen dort stattfinden lassen können, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen-Bremen in einem am Freitag, 27. Mai 2022, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: 10 ME 71/22).

Die Lüneburger Richter wiesen damit den niedersächsischen Landesverband der Partei Alternative für Deutschland (AfD) auf Überlassung der Sparkassen-Arena in Aurich ab, die dort ihren Landesparteitag veranstalten wollte.

Gerichtlich wollte der AfD-Landesverband die Stadt Aurich verpflichten, dass diese ihr die Durchführung ihres Parteitages in der Sparkassen-Arena an bestimmten Tagen im Mai, Juni oder Juli 2022 ermöglicht.

Die Stadt lehnte ab und verwies darauf, dass die Veranstaltungshalle an ein privatrechtliches Unternehmen verpachtet wurde, an dem sie nicht beteiligt ist. Die private Betreiberfirma wollte die AfD in ihren Räumlichkeiten nicht haben.

Die AfD wollte per einstweiliger Anordnung den Bürgermeister dazu verpflichten, dass dieser das Betreiberunternehmen zur Durchführung der Halle anweist.

Sowohl das Verwaltungsgericht Oldenburg als auch nun das OVG wiesen die Partei ab. Zwar seien Kommunen dazu verpflichtet, Parteien gleichen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu gewähren. Maßgebend für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung sei, ob die Kommune trotz der Überlassung des Betriebs an einen Privaten weiterhin in der Lage sei, die Zweckbindung der Einrichtung gegenüber dem privatrechtlichen Betreiber durch Ausübung von Mitwirkungs- und Weisungsrechten durchzusetzen.

Nur weil hier die Sparkassen-Arena auch öffentlichen Zwecken diene, mache dies aus ihr aber noch keine öffentliche Einrichtung, befand das OVG. Die Stadt habe keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die private Betreibergesellschaft. Dies habe der AfD-Landesverband auch nicht belegen können.

Ähnlich hatte bereits das OVG Hamburg mit Beschluss vom 13. September 2019 entschieden (Az.: 5 Bs 196/19; JurAgentur-Meldung vom Entscheidungstag). Danach können Parteien einen gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Räumen und Einrichtungen nur dann verlangen, wenn die öffentliche Hand auch tatsächlich über die Räume verfügen kann. Auf ein „Bürgerhaus“ im Eigentum einer Stiftung treffe dies nicht zu, so das OVG. Damit konnte die AfD-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft nicht verlangen, dass ihr für eine geplante Diskussionsveranstaltung ein zu einer Stiftung gehörendes Bürgerhaus und Tagungszentrum zur Verfügung gestellt wird.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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