Karlsruhe (jur). Strafgefangene haben jedenfalls in Baden-Württemberg keinen Anspruch auf Zugang zum Internet. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Dienstag, 12. Juli 2022, bekanntgegebenen Beschluss entschieden (Az.: 2 Ws 55/22).
Es wies damit einen Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt Freiburg ab. Ohne Erfolg hatte er darum gebeten, ihm Besitz und Nutzung eines Tablets mit Internetzugang zu erlauben oder anderweitig einen Zugang ins Internet „über eine sichere vertrauenswürdige Quelle“ zu gewähren. Als Möglichkeit schlug er einen bestimmten Anbieter vor.
Auch vor Gericht blieb der Antrag nun ohne Erfolg.
Zu Computern und ähnlichen Geräten schloss sich das OLG Karlsruhe der Rechtsprechung anderer OLGs an, wonach diese „schon wegen der damit verbundenen Speichermöglichkeiten generell geeignet sind, die Sicherheit und Ordnung in einer Justizvollzugsanstalt zu gefährden, ohne dass dem durch Kontrollmaßnahmen der Anstalt hinreichend begegnet werden kann“.
Nach dem auch bereits schriftlich veröffentlichten und rechtskräftigen Beschluss vom 28. April 2022 besteht aber auch ohne dieses Problem ein Anspruch auf Internetzugang jedenfalls in Baden-Württemberg nicht. Landesrecht sehe „für Strafgefangene nur den Zugang zu Hörfunk und Fernsehen sowie Zeitungen und Zeitschriften“ vor, nicht aber auch einen Zugang zum Internet.
Anderes ergebe sich auch nicht aus der im Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgten Informationsfreiheit, so das OLG. Besondere individuelle Gründe, die eine Ausnahme rechtfertigen könnten, habe der Strafgefangene nicht geltend gemacht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte allerdings 2017 entschieden, dass Häftlingen jedenfalls der Zugang zu bestimmten Internetseiten nicht pauschal verwehrt werden darf, die wichtig für ihre Resozialisierung sind (Urteil vom 17. Januar 2017, Az.: 21575/08; JurAgentur-Meldung vom 20. Januar 2017). Im konkreten Fall ging es um einen Häftling in Litauen, der sich auf einer Internetseite des Justizministeriums über bestimmte Fortbildungsmöglichkeiten informieren wollte.
Am 9. Februar 2021 hatte der EGMR entschieden, dass die Türkei einem inhaftierten Anwalt nicht pauschal den Zugang zu Internetseiten verbieten darf, auf denen er zum Zweck seiner eigenen Verteidigung recherchieren will; der generelle Einwand von Sicherheitsbedenken reiche als Rechtfertigung für die Verweigerung des Internet-Zugangs nicht aus (Az.: 68550/17; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).
Nach der knappen Begründung des OLG Karlsruhe vermittelt diese Rechtsprechung aber jedenfalls keinen generellen Anspruch eines Häftlings auf Internetzugang.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock