Darmstadt. Bei Alkoholikern kann der „Saufdruck“ nicht mit Cannabis auf Kassenkosten behandelt werden. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil, das am Donnerstag, den 28.04.2022, veröffentlicht wurde, entschieden, dass eine ausnahmsweise Behandlung mit medizinischen Cannabisblüten ausscheidet, weil eine Alkoholerkrankung standardmäßig mit Rehabilitationsmaßnahmen, medikamentöser Rückfallprophylaxe und Psychotherapie behandelt werden kann (Az: L1KR 429/20).
Ein 70-jähriger Alkoholiker aus dem Landkreis Gießen hatte geklagt. Er beantragte bei seiner Krankenkasse eine Versorgung mit medizinischen Cannabisblüten. Nur so könne er seinen Drang zum Alkohol ausgleichen. Er erwähnte auch seine eigenen Erfahrungen. Denn seit 15 Jahren könne er seinen „Saufdruck“ erfolgreich mit dem von ihm angebauten Cannabis bewältigen. Allerdings sei es ihm jetzt verboten worden, es selbst anzubauen.
Von der Krankenkasse wurde die Cannabisversorgung abgelehnt. Stattdessen könne der 70-Jährige eine Entzugstherapie machen.
Dies wurde auch vom LSG mit Urteil vom 17.03.2022 bestätigt. Tatsächlich sei es möglich, Cannabis für schwere Krankheiten bereitzustellen, aber nur, wenn keine Standardbehandlungen verfügbar sind. Rehabilitation, Medikamente zur Rückfallprophylaxe und Psychotherapie könnten laut medizinischen Richtlinien beim Alkoholentzug helfen.
In diesem Fall habe der behandelnde Arzt jedoch nicht ausreichend dargelegt, weshalb diese Standardbehandlungen im konkreten Fall nicht wirken würden. Laut LSG sei es unerheblich, dass eine psychiatrische-psychotherapeutische Behandlung zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führen könne.
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