Karlsruhe (jur). Trotz aller Trauer nach dem Tod eines nahen Angehörigen sollte die Post vom Gericht nicht unbeantwortet liegenbleiben. Denn das kann dazu führen, dass man unverhofft ohne Erbe dasteht, wie ein am Montag, 12. Juni 2023, veröffentlichter Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe zeigt (Az.: IV ZB 11/22). Danach kann ein Gericht die „Erbunwürdigkeit“ auch in einem sogenannten Versäumnisurteil ohne jede Beteiligung der betroffenen Person aussprechen.
Im konkreten Fall war ein Mann aus dem Raum Köln am 9. November 2018 verstorben. Fünf Wochen später reichte seine Ehefrau beim Nachlassgericht ein von beiden Eheleuten unterzeichnetes Testament ein, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Der Text über den Unterschriften war von der Ehefrau handschriftlich verfasst worden.
Die Tochter, das einzige Kind des Mannes, traute dem nicht. Sie hegte den Verdacht, dass die Ehefrau das Testament erst nach dem Tod ihres Mannes auf ein zuvor von ihm blanko unterschriebenen Papierbogen aufgesetzt haben könnte. Sie beantragte deshalb beim Amtsgericht, die „Erbunwürdigkeit“ der Ehefrau festzustellen.
Natürlich schrieb das Amtsgericht die Ehefrau an, um sie an dem Verfahren zu beteiligen. Diese reagierte auf die gerichtliche Post jedoch nicht. Wie von der Tochter beantragt, stellte das Amtsgericht schließlich in einem Versäumnisurteil die Erbunwürdigkeit der Ehefrau fest. Auch hiergegen hätte die Ehefrau innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen und so doch noch eine mündliche Verhandlung mit ihrer Beteiligung erzwingen können. Doch erneut rührte sie sich nicht.
Erst als das Nachlassgericht nun einen Erbschein allein für die Tochter ausstellen wollte, reagierte auch die Ehefrau. Sie habe nach dem Unfalltod ihres Mannes unter Schock gestanden. Deshalb habe sie die gerichtliche Post ungeöffnet liegenlassen.
Doch das war zu spät, entschied wie die Vorinstanzen nun auch der BGH. Rechtskräftige Gerichtsurteile seien bindend. Ausnahmen seien nur in extremen Fällen „bei Vorliegen eines besonders schweren, offenkundigen Mangels“ denkbar.
Mit ihrem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 26. April 2023 stellten die Karlsruher Richter erstmals klar, dass dies auch für ein rechtskräftiges Versäumnisurteil wie im vorliegenden Fall gilt, mit dem die Erbunwürdigkeit festgestellt wurde. Auch hier sei die Möglichkeit eines Versäumnisurteils im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Daher könne dies kein schwerer Mangel sein, der zu einer Ausnahme führe.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock









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