Hamburg (jur). Klimaschützer dürfen nach einer Fahrbahnblockade auf den Hamburger neuen Elbbrücken nicht wegen einer irgendwann drohenden Gefahr durch erneute Klimaproteste vorsorglich für zehn Tage in Gewahrsam genommen werden. Das Ausschöpfen der zehntägigen Maximaldauer der polizeilichen Ingewahrsamnahme ist nicht zulässig, wenn keine unmittelbar bevorstehende vergleichbare Tat droht, entschied das Landgericht Hamburg am Mittwoch, 29. März 2023 (Az.: 301 T 103/23 und weitere).
Hier hatten sich die zwei Beschwerdeführenden auf der Fahrbahn der neuen Elbbrücken in Hamburg festgeklebt, um so gegen die Klimapolitik zu protestieren. Die Polizei nahm diese in Gewahrsam. Das Amtsgericht Hamburg ordnete die nach Landesrecht zulässige zehntägige Maximaldauer der Ingewahrsamnahme bis zum 4. April 0.00 Uhr an. So sollten erneute Blockadeaktionen verhindert werden.
Doch das war rechtswidrig, entschied das Landgericht. Zwar diene die Ingewahrsamnahme dem Zweck, erneute rechtswidrige Handlungen zu verhindern. Die Taten müssten dann aber auch unmittelbar bevorstehen. Es reiche hier nicht als Begründung aus, dass die Betroffenen bereits im letzten Jahr an vergleichbaren Aktionen teilgenommen haben.
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse die befürchtete Tatbegehung „zeitlich und räumlich eingrenzbar sein“. Denn sonst stelle sich die Freiheitsentziehung nicht als unerlässlich zur Tatverhinderung dar. Vielmehr müsse es konkrete Hinweise geben, wann sich die Betroffenen erneut an vergleichbaren Blockadeaktionen beteiligen wollen. Daran fehle es hier. Dass in einem Unterstützeraufruf die Gruppierung „Letzte Generation“ auf Aktionen in Hamburg bis zum 6. April 2023 hinweist, belege noch nicht, dass die Betroffenen daran teilnehmen wollen.
Das Ausschöpfen der zehntägigen Maximaldauer der Freiheitsentziehung dürfe nicht dazu dienen, irgendwann drohende Gefahren durch erneute Klimaproteste durch eine möglichst lange Dauer des Gewahrsams zu verhindern.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock