Nürnberg (jur). Macht ein Feuerwehrmann beim Rangieren eines Feuerwehrfahrzeugs einen Kol-legen mit dem Martinshorn auf sich aufmerksam, muss er nicht für den entstandenen Hörschaden haften. Denn bei einer betrieblichen Tätigkeit greift bei demjenigen, der den Gesundheitsschaden verursacht hat, der gesetzlichen Haftungsausschluss, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am Donnerstag, 23. März 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: 7 Sa 243/22).
Konkret ging es um zwei Feuerwehrleute, die in der Feuerwache einer Kaserne tätig waren. Einer der Männer wollte am 14. August 2018 ein Feuerwehrfahrzeug auf dem engen Gelände der Feuerwache unterbringen. Sein Kollege stand mit dem Rücken zu dem Fahrzeug auf einem Bürgersteig und unterhielt sich mit zwei anderen Beschäftigten und war völlig „unbedarft“.
Beim Rangieren betätigte der Fahrer vier Meter von seinem Kollegen entfernt kurz das Signalhorn des Feuerwehrfahrzeugs. Infolge des knapp 140 Dezibel lauten Schalls erlitt der Kollege einen Hörschaden. Er war daraufhin 18 Monate arbeitsunfähig. Die von ihm vorgebrachten Gleichgewichtsstörungen konnte ein Gutachter zwar nicht bestätigen. Die Zunahme einer Hörminderung und ein beidseitiger Tinnitus seien aber wahrscheinlich. Der Unfall wurde als Arbeitsunfall anerkannt. Infolge des Vorfalls mit dem Martinshorn wurde bei dem Mann ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt.
Der verlangte nun von dem Fahrer Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 16.800 Euro. Zudem müsse er für Folgeschäden aufkommen. Zwar seien nach dem Gesetz Beschäftigte von einer Haftung ausgeschlossen, wenn sie bei einer betrieblichen Tätigkeit einen Gesundheitsschaden bei einem Kollegen verursachen. Dies gelte aber nicht, wenn der Unfallverursacher vorsätzlich gehandelt habe.
Hier sei das Martinshorn nicht in Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit verwendet worden. Der Einsatz des Signalhorns sei nur für bestimmte Fälle erlaubt, wie Leben retten oder Gefahren abwenden. Der Fahrer habe ihn vielmehr erschrecken wollen, meinte der Kläger. Dieser habe gewusst, dass er keinen Gehörschutz trage. Er habe bewusst den durch das Martinshorn verursachten Schaden in Kauf genommen.
Das LAG wies in seinem Urteil vom 20. Dezember 2022 Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche ab. Die Betätigung des Signalhorns sei wegen des Rangierens auf engem Gelände betrieblich veranlasst gewesen. Der Fahrer habe auch ohne Vorsatz gehandelt. Damit greife der gesetzliche Haftungsausschluss.
Der Fahrer hätte auch nicht als „milderes Mittel“ hupen können. Denn die Hupe und das Signal-horn seien miteinander gekoppelt gewesen, so dass diese nicht einzeln bedient werden konnten. Es liege zudem kein Vorsatz vor, so das LAG. Der Fahrer habe zwar das Signalhorn absichtlich betätigt, möglicherweise auch, um ihn zu erschrecken. Er habe den Kläger aber nicht verletzen wollen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock