In einem aktuellen Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken vom 31. Juli 2024 wurde eine wichtige Entscheidung für Unfallbeteiligte und Versicherungsnehmer getroffen: Ein posttraumatischer Schock entlastet nicht zwangsläufig bei einer Unfallflucht. Der Fall verdeutlicht, unter welchen Umständen Versicherungen von ihrer Leistungspflicht befreit werden können, auch wenn der Unfallfahrer aufgrund eines Schocks gehandelt haben will.
Unfall auf der A6: Ein Fall von posttraumatischer Flucht?
Der Vorfall ereignete sich auf der A6, als ein Fahrer eines Sportwagens aufgrund überhöhter Geschwindigkeit mit einem anderen Fahrzeug kollidierte und anschließend gegen die Mittelleitplanke fuhr. Sein Fahrzeug war erheblich beschädigt. Im Auto wurden leere Bierkästen und eine Tablettenpackung gefunden. Der Fahrer selbst war nicht mehr vor Ort. Erst am nächsten Morgen tauchte er in einer Arztpraxis auf und erklärte, er sei aufgrund eines posttraumatischen Schocks vom Unfallort geflohen und könne sich an nichts erinnern.
Das Landgericht entschied zunächst zugunsten des Fahrers und argumentierte, dass ein solcher Schock die vorsätzliche Unfallflucht ausschließen könnte. Die Versicherung weigerte sich dennoch, den Schaden in Höhe von rund 10.000 Euro zu begleichen. Dies führte zur Berufung vor dem OLG Saarbrücken.
Fakten
- Leere Bierkästen und Tabletten am Unfallort gefunden
- Fahrer behauptet, er habe aufgrund eines Schocks gehandelt
Das OLG Saarbrücken setzte dem Fall ein klares Ende. Das Gericht entschied, dass der Fahrer seine vertragliche Aufklärungsobliegenheit verletzt habe, indem er den Unfallort verließ, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Die Behauptung eines "posttraumatischen Schocks" überzeugte die Richter nicht. Sie stellten fest, dass es keine konkreten Anzeichen für eine solche psychische Ausnahmesituation gab. Der Fahrer hatte sich offenbar sogar bewusst vor den Fahndungsbehörden versteckt, bis seine Freundin ihn abholte. Die Entscheidung des OLG Saarbrücken bestätigt: Klare Grenzen für den Versicherungsschutz.
Das OLG hob das Urteil der Vorinstanz auf und entschied, dass die Versicherung nicht für den Schaden aufkommen müsse. Dieser Fall zeigt deutlich, dass die Berufung auf psychische Ausnahmezustände bei Unfallfluchten nur unter strengen Bedingungen Erfolg haben kann.
Rechtliche Grundlagen
Laut dem OLG Saarbrücken (Urteil vom 31.07.2024 – 5 U 102/23) liegt eine Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflichten vor, wenn der Unfallverursacher den Unfallort ohne angemessene Gründe verlässt. Ein posttraumatischer Schock wird nur dann als Entlastungsgrund anerkannt, wenn er eindeutig durch medizinische Gutachten bestätigt wird. In diesem Fall fehlte es an belastbaren Beweisen und der Unfalllenker hat versicherungsrelevante Obliegenheiten missachtet:
- Aufklärungspflicht nach § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort)
- Anforderungen an die Glaubhaftmachung psychischer Ausnahmezustände
Praktischer Tipp für KFZ-Lenker und Versicherungsnehmer
Fachanwalt.de-Tipp: Wenn Sie nach einem Unfall in einen Schockzustand geraten, ist es entscheidend, so schnell wie möglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und eine Dokumentation des Vorfalls zu gewährleisten. Versicherungsnehmer sollten zudem sicherstellen, dass alle erforderlichen Schritte zur Aufklärung des Unfallhergangs unternommen werden, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Für individuelle Beratung wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
Fazit
Das Urteil des OLG Saarbrücken zeigt, dass psychische Ausnahmezustände, wie ein posttraumatischer Schock, nicht so einfach als Entlastungsgrund bei Unfallfluchten geltend gemacht werden können. Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Aufklärungspflicht nach einem Unfall eine zentrale Rolle spielt, um den Versicherungsschutz zu wahren.
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