Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

Kein verwerfliches Verhalten von Porsche bei versuchter VW-Übernahme

Zuletzt bearbeitet am: 10.02.2024

Celler. Porsche hat sich beim Versuch, Volkswagen 2008 und 2009 zu übernehmen, nicht verwerflich verhalten. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) in Celle am Freitag, den 30. September 2022 in einem Kapitalanleger-musterverfahren (Az.: 13 Kap 1/16) entschieden. Danach haben milliardenschwere Klagen von Kapitalanlegern kaum noch Aussicht auf Erfolg.

Ab 2005 baute die Porsche SE ihre Beteiligung an Volkswagen aus und kündigte zunächst Pläne an, seine Anteile an Volkswagen im Laufe des Jahres 2008 auf über 50 Prozent aufstocken zu wollen. Am 26. Oktober gab Porsche dann bekannt, dass das Unternehmen eine Beteiligung von mehr als 75 Prozent anstrebe.

Infolgedessen ist der Aktienkurs von Volkswagen in die Höhe geschossen. Doch die Kläger, die auf einen Kursrückgang der Volkswagen-Aktie gesetzt hatten, fordern nun vor dem Landgericht Hannover Schadensersatz in Milliardenhöhe. Porsche und Volkswagen hätten spätestens im März 2008 über diese Pläne informieren müssen.

Vom Landgericht wurde das Verfahren ausgesetzt und verschiedene Fragen dem OLG Celle vorgelegt. Das OLG gab mit seinen Antworten nunmehr der Porsche SE und der Volkswagen AG recht.

Das OLG begründete dies damit, dass die wesentlichen Umstände des gescheiterten Übernahmeversuchs ohnehin bekannt gewesen seien. Beispielsweise lasse das VW-Gesetz eine Beherrschung der Volkswagen-AG gar nicht zu, sodass der Erwerb von mehr als 75 Prozent der Aktien danach kaum möglich sei.

Vom Gesetz sei vorgesehen, dass kein Anteilseigner mehr als 20 Prozent seiner Stimmrechte ausüben kann, auch wenn er in Besitz von mehr Aktien ist. Außerdem räumt das Gesetz Niedersachsen einen Anteil von 20,2 Prozent ein und damit eine Sperrminorität. Porsche habe sich öffentlich gegen das Gesetz gestellt und das 75-Prozent-Ziel von "stimmigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen" abhängig gemacht. Da diese Rahmenbedingungen nicht vorgelegen haben, sei es nicht verwerflich, dass Porsche das 75-Prozent-Ziel nicht schon früher bekannt gegeben habe.

Nach damaligem Recht sei der Kauf von verschiedenen Optionen auf VW-Aktien nicht meldepflichtig gewesen. Es sei jedoch ohnehin bekannt gewesen, dass Porsche derartige Optionen in großem Umfang besaß. Die Wirtschaftspresse vermutete einhellig, dass von Porsche eine Beteiligung von mehr als 50 Prozent an der Volkswagen AG angestrebt wurde.

Nach Überzeugung des OLG Celle war es ebenfalls nicht verwerflich, dass Porsche im Oktober 2008 dann doch noch selbst das 75-Prozent-Ziel verkündete. Erst durch einen Vorstandswechsel Mitte 2009 habe das Unternehmen Pläne aufgegeben, Volkswagen zu übernehmen, nachdem sich auch die Aussichten auf eine Änderung des VW-Gesetzes zerschlagen hatten.

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts haftet die mit Porsche beklagte Volkswagen AG ohnehin nicht, da der VW-Vorstand von dem Übernahmeplan keine Kenntnis hatte. Alle Aufsichtsratsmitglieder, die aus ihrer Tätigkeit bei Porsche relevante Kenntnisse erlangt hatten, seien zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen.

Gegen diesen sogenannten Musterbescheid des OLG Celle können die klagenden Anleger noch beim Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) eine Beschwerde zur Anfechtung einlegen.

Quelle: © Fachanwalt.de

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