Verwaltungsrecht

Kein Waffenschein für Bürgermeister

Zuletzt bearbeitet am: 30.07.2024

Hannover (jur). Ein hauptamtlicher Bürgermeister kann wegen vorgebrachter Anfeindungen und tätlicher Angriffe nicht automatisch einen Waffenschein verlangen. Voraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sei vielmehr, dass der Bürgermeister glaubhaft macht, dass er wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet und eine Schusswaffe deshalb erforderlich ist, entschied das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom Montag, 13. Februar 2023 (Az.: 11 A 1233/20). 

Konkret ging es um den parteilosen, hauptamtlichen  Bürgermeister der niedersächsischen Gemeinde Harsum, Marcel Litfin. Dieser hatte beim Landkreis Hildesheim die Erteilung eines Waffenscheins beantragt, damit er sich gegen tätliche Angriffe zur Wehr setzen kann. Er hatte angeführt, dass er in der Vergangenheit wegen seiner Tätigkeit als Bürgermeister vermehrt Anfeindungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt gewesen war. 

Medienberichten zufolge soll er von einem mutmaßlich psychisch kranken Mann mit dem Tode bedroht worden sein. Er erhielt zudem zahlreiche Drohschreiben von verschiedenen Personen. Es würden deswegen mehrere staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren geführt. Er wolle zukünftige gewaltsame Angriffe auf Leib und Leben mit einer Schusswaffe abwehren können.

Der Landkreis lehnte die Erteilung eines Waffenscheins jedoch ab. 

Auch das Verwaltungsgericht hielt die Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis nicht für geboten. Voraussetzung hierfür sei die Glaubhaftmachung, dass der Kläger wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet sei, und dass die Schusswaffe erforderlich sei, um eine Gefährdung zu mindern. 

Beides sei nicht der Fall. Die Polizeiinspektion Hildesheim habe in einer Gefährdungsanalyse von Februar 2023 festgestellt, dass „keine besondere Gefährdungssituation vorliegt“. Statt eine Schusswaffe zu gebrauchen, könne der Kläger die Polizei rufen oder verschiedene Deeskalationstechniken verwenden, urteilten die Hannoveraner Richter. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© dinostock - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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