Karlsruhe. Wenn ein Mieter einen Nachbarn wegen einer nicht nachgewiesenen „starken Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ beim Vermieter anschwärzt, kann er sich nicht darauf verlassen, anonym zu bleiben. Im Falle einer unzutreffenden Tatsachenbehauptung hat der Nachbar das Recht, nach der Datenschutzgrundverordnung Auskunft über den Namen desjenigen zu verlangen, der ihn angeschwärzt hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) am in einem am Montag, 28. März 2022, veröffentlichten Urteil (AZ: VI ZR 14/21).
Das Interesse des Nachbarn, den Tipp-Geber auf Unterlassung der nicht richtigen Angaben zu verpflichten wiege schwerer als dessen Interesse auf Anonymität.
Bei dem streitigen Fall ging es um eine mutmaßliche "starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus" in einem Mehrfamilienhaus im Raum Ravensburg. Ein Mieter beschwerte sich beim Vermieter und sagte, die Nachbarn seien dafür verantwortlich.
Der Vermieter ist der Angelegenheit nachgegangen und hat dem Hinweisgeber zugesichert, anonym zu bleiben. Er führte schließlich eine Besichtigung der Wohnung des gescholtenen Nachbarn durch. Die Wohnung wurde zwar in einem verwahrlosten Zustand vorgefunden und der Nachbarn wurde aufgefordert, diese zu entrümpeln und zu reinigen. Nicht festgestellt wurde hingegen eine "starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus".
Vom Nachbarn wurde jetzt beim Vermieter Auskunft zu der Person verlangt, die die falschen Angaben gemacht hatte. Er berief sich dabei auf die Datenschutzgrundverordnung. Von dieser sei ein Auskunftsanspruch über seine verarbeiteten und gespeicherten personenbezogenen Daten vorgesehen. Hierzu gehöre auch das Schreiben des Tipp-Gebers, in dem seine Wohnung mit Gerüchen und Schädlingen in Verbindung gebracht wurde.
Vom Vermieter wurde diese Auskunft abgelehnt, da er dem Hinweisgeber Anonymität zugesichert habe. Auch bei diesem bestehe ein Anspruch auf Schutz seiner Daten. Wenn dem Auskunftsanspruch stattgegeben werde, dann werde zukünftig niemand mehr bereit sein, Hinweise zu Unregelmäßigkeiten im Haus zu geben. Außerdem führe es zu einer Störung des Hausfriedens.
Am 22.02.2022 hat der BGH entschieden, dass der klagende Nachbar einen Anspruch auf Auskunft über den Tipp-Geber hat. Es handele sich bei den Informationen zu den Geruchsbelästigungen und dem Ungezieferbefall auch um personenbezogene Daten, da damit die Wohnung des Klägers in Verbindung gebracht wurde. Der Vorwurf sei jedoch unwahr gewesen und habe einen „ansehensbeeinträchtigenden Charakter“. Das Interesse des Nachbarn auf Auskunft gehe daher dem Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgebers vor, auch um Unterlassungsansprüche geltend machen zu können.
Der BGH entschied, dass das Interesse an der Geheimhaltung des Hinweisgebers gegenüber dem Interesse auf Auskunft regelmäßig dann zurückzutreten habe, wenn vom Hinweisgeber wider besseres Wissen oder leichtfertig unrichtige Angaben zu personenbezogenen Daten der betroffenen Person gemacht worden seien. Das in der Datenschutz-Grundverordnung enthaltene Recht auf Auskunft habe den Zweck, dass die betroffene Person sich über die Verarbeitung ihrer Daten bewusst wird und deren Rechtmäßigkeit prüfen zu können.
Bei einer Offenlegung des Namens bestehe nicht die Gefahr, dass von Niemandem mehr Hinweise an die Hausverwaltung gibt, da dies auch anonym erfolgen könne.
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