Berlin (jur). Muss ein Mitarbeiter wegen des Kontakts zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person in eine behördlich angeordnete Quarantäne, kann ein Arbeitgeber regelmäßig keine staatliche Erstattung für geleistete Lohnfortzahlung sowie für Sozialversicherungsbeiträge verlangen. Denn ist der Arbeitgeber auch erkrankungsunabhängig laut Arbeitsvertrag zur Lohnfortzahlung verpflichtet, liegt kein Erstattungsanspruch vor, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Montag, 12. Dezember 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 14 K 631/21). Das Gericht hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen muss ein Arbeitgeber im Krankheitsfall Arbeitnehmern eine bis zu sechs Wochen dauernde Lohnfortzahlung leisten. Das Infektionsschutzgesetz sieht zudem vor, dass auch nicht erkrankte, aber in behördlicher Quarantäne befindliche Mitarbeiter ebenfalls eine Lohnfortzahlung erhalten können, wenn sie wegen der Maßnahme einen Verdienstausfall erleiden. Der Arbeitgeber muss dann die Entschädigung an den Mitarbeiter auszahlen und erhält diese auf Antrag vom Land mitsamt der Sozialversicherungsbeiträge wieder erstattet.
Darauf hatte auch die klagende Ingenieursgesellschaft vertraut. Im Oktober 2020 musste ein Mitarbeiter in eine behördlich angeordnete 15-tägige Quarantäne. Grund: Der Mann hatte Kontakt zu einer mit dem Sars-CoV-2-Virus infizierten Person. Der Arbeitgeber verlangte vom Land Berlin daraufhin erfolglos die Erstattung der von ihm gewährten Lohnfortzahlung mitsamt der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge.
In seiner Klage argumentierte der Arbeitgeber, dass der Mitarbeiter keinen Lohnfortzahlungsanspruch gehabt habe und damit ein Erstattungsanspruch bestehe. Arbeitsrechtlich sei er zwar zur Lohnfortzahlung verpflichtet, „wenn ein Mitarbeiter durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden zweitweise an der Dienstleistung verhindert“ werde. Bei der Pandemie handele es sich aber nicht um einen in der Person des Mitarbeiters liegender Grund. Vielmehr sei dies ein eher mit einer Naturkatastrophe vergleichbarer Umstand.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 1. Dezember 2022 ab. Der Mitarbeiter habe keinen Verdienstausfall erlitten, der entschädigt werden könne. Denn der Arbeitgeber sei arbeitsvertraglich auch erkrankungsunabhängig zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen. Der Grund für das Fehlen am Arbeitsplatz habe in der Person des Mitarbeiters gelegen. Die Lohnfortzahlung für die Dauer der Inkubationszeit des Coronavirus von etwa 14 Tagen sei auch angemessen gewesen.
Ähnlich hatte schon das Verwaltungsgericht Koblenz in zwei Urteilen vom 10. Mai 2021 entschieden (Az.: 3 K 107/21.KO und 3 K 108/21.KO; JurAgentur-Meldung vom 1. Juni 2021). Auch hier hatten die Koblenzer Richter darauf verwiesen, dass die Quarantäne wegen eines in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grundes angeordnet wurde und arbeitsrechtlich der Arbeitgeber sowieso zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen sei.
Das Verwaltungsgericht Koblenz verwies zudem auf die Möglichkeit, die Lohnfortzahlung im Fall einer behördlich angeordneten Quarantäne arbeitsvertraglich auszuschließen. Dies sei hier aber nicht geschehen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock