Verwaltungsrecht

Keine Flinte für Schäfer

Zuletzt bearbeitet am: 10.08.2024

Lüneburg (jur). Zur Abwehr von Wölfen dürfen sich Schäfer nicht bewaffnen. Mit einem am Freitag, 1. September 2023, bekanntgegebenen Beschluss lehnte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg den Kauf einer Flinte durch einen Schäfer ab (Az.: 11 LA 302/22). Wölfe seien streng geschützt, eine Bewaffnung des Schäfers weder sinnvoll noch erforderlich. 

Der klagende Schäfer aus Winsen (Luhe) südlich von Hamburg hatte eine Erlaubnis zum Kauf und zum Führen einer Flinte beantragt. Zur Begründung verwies er auf mehrere Übergriffe von Wölfen. Seine Herde könne er nur mit einer Schusswaffe schützen. Zwar zahle das Land Niedersachsen Entschädigungen bei Rissen und gebe Zuschüsse für Schutzmaßnahmen, diese Ausgleichsmaßnahmen reichten aber nicht aus. 

Bereits das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. September 2022, Az.: 3 A 58/21). Selbst sei der Schäfer nicht in Gefahr. Ein anderweitiges anzuerkennendes persönliches oder wirtschaftliches Interesse am Waffenbesitz bestehe nicht. 

Zur Begründung verwiesen die Lüneburger Richter auf den EU-weiten Schutz für Wölfe. Das Land Niedersachsen habe sich darüber hinaus nochmals gesondert hierzu verpflichtet. 

Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Wertung komme der Abschuss eines Wolfs nur infrage, wenn es wiederholt zu Rissen „durch einen bestimmbaren Wolf“ komme. Dies habe hier der Schäfer nicht nachgewiesen. Zudem würden in solchen Fällen in der Regel Jäger mit der „Entnahme“ des Wolfs betraut. 

Ohne Genehmigung sei die Tötung eines Wolfs auch strafbar. Auf Notwehr könne sich ein auf Wölfe schießender Schäfer nicht berufen. Die beantragte Flinte sei hierfür auch wenig geeignet. Sie reiche nur für Entfernungen bis zu 50 Metern. Wenn ein Wolf bereits so nah sei, könne er in der Regel auch „durch Rufe, Hupen oder Blendlicht“ verjagt werden. 

Mit seinem Beschluss vom 30. August 2023 schloss sich dem nun auch das OVG Lüneburg an. Es ließ die Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz nicht zu. Der Schäfer habe „nicht aufgezeigt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen“. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Symbolgrafik:© zorandim75 - stock.adobe.com

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Verwaltungsrecht Viertes Bürokratieentlastungsgesetz: Was Unternehmen erwartet

Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) steht kurz vor seiner Verabschiedung und zielt darauf ab, die Bürokratie in Deutschland weiter abzubauen. Mit diesem Gesetz sollen insbesondere Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen entlastet werden, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führen soll. Das Gesetz ist Teil einer fortlaufenden Initiative, die darauf abzielt, den administrativen Aufwand für Unternehmen in Deutschland zu reduzieren. Die vierte Fassung bringt eine Reihe neuer Regelungen zur spürbaren Entlastung. Bürokratieentlastungsgesetz: Ein Überblick Das  Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) wurde im August 2023 als Teil eines umfassenden ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Bundesverwaltungsgericht bestätigt Disziplinarmaßnahme gegen Oberleutnant der Reserve wegen Engagements bei der Identitären Bewegung

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen einen ehemaligen Oberleutnant der Reserve der Bundeswehr bestätigt. Der Soldat hatte sich in den Jahren 2015/2016 aktiv für die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. engagiert und damit gegen die verfassungsrechtliche Treuepflicht gemäß § 8 SG verstoßen. Die Entscheidung beinhaltet den Verlust offener Übergangsleistungen in Höhe von über 23.000 Euro und das Verbot, einen militärischen Dienstgrad zu führen ( BVerwG 2 WD 9.23 ). Verstoß gegen die Treuepflicht der Bundeswehrsoldaten Der betroffene Oberleutnant der Reserve hatte sich intensiv am Aufbau einer ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Neues Selbstbestimmungsgesetz ab 1.11.2024: Neue Rechte für Trans-, Inter- und Nichtbinäre Personen

Bisher ermöglichte § 45b PSTG die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens unter bestimmten Bedingungen. Mit 1.11.2024 tritt das am 21.6.2024 verkündete Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft und ersetzt damit den § 45b. Diese Regelung hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechte und den Alltag von Betroffenen,denn seit 1. August dieses Jahres können Trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen zum 1.11.2024 unbürokratisch beim Standesamt anmelden.  Grundsatz: Selbstbestimmung und Anerkennung für Geschlechtsidentität Das ... weiter lesen

Verwaltungsrecht Längere Wartezeiten bei der Briefzustellung

Der Bundestag hat am 18. Juli 2024 die Novellierung des Postgesetzes verabschiedet. Zukünftig erhält die Deutsche Post mehr Zeit für die Zustellung von Briefen, wobei gleichzeitig eine höhere Zuverlässigkeit angestrebt wird. Gleichzeitig wird sich die Zustelldauer für Briefe deutlich verlängern. Die Deutsche Post schätzt, dass dies ab Januar 2025 für Konsumenten spürbar wird.  Inkrafttreten der neuen Briefzustellungspolitik Das Gesetz zur Modernisierung des Postrechts ist am Tag nach seiner Verkündigung, also am 19. Juli 2024mit dem Ziel in Kraft getreten, den Zeitdruck bei der Briefzustellung zu verringern. Damit sollten 95% aller Briefe ... weiter lesen

Ihre Spezialisten