Baurecht und Architektenrecht

KEINE GEWÄHRLEISTUNGSBÜRGSCHAFTEN ÜBER 7 % DER AUFTRAGSSUMME

11.11.2017

Der Fall:

In einem Bauvertrag von 1997 verpflichtete der Bauherr in den Vertragsbedingungen den Auftragnehmer, nach Vertragsschluss eine Vertragserfüllungssicherheit i.H.v. 5 % der Auftragssumme zu stellen; damit sollte unter anderem die vertragsgemäße Ausführung gesichert werden. Zusätzlich (!) wurde ein Gewährleistungseinbehalt i.H.v. 2 % vereinbart, der vom Auftragnehmer durch Gewährleistungssicherheit abgelöst werden konnte. Die Rückgabe der Vertragserfüllungssicherheit wurde neben anderen Bedingungen an die vorbehaltlose Abnahme der Schlussrechnung geknüpft. – Wegen eines auf Geld gerichteten Gewährleistungsanspruches wollte der Bauherr die Gewährleistungssicherheit in Anspruch nehmen; er hatte daher gegen den Bürgen geklagt.

 

Die Entscheidung:

Nachdem bereits durch das OLG Bamberg die Klage gegen den Bürgen abgewiesen wurde, hat der BGH auch die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Bürge kann sich darauf berufen, dass die von Auftragnehmer und Bauherrn getroffene Sicherungsabrede gemäß § 9 AGB-Gesetz (= § 307 BGB) unwirksam ist und daher der Bauherr die Bürgschaft nicht in Anspruch nehmen darf. Die Sicherungsabrede ist unwirksam, weil sie Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheit kumuliert und daher insgesamt zu einer unangemessen hohen Sicherung des Bauherrn in Höhe von 7% führt. Die Abhängigkeit der Rückgabe der Vertragserfüllungssicherheit von der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung kann dazu führen, dass der Bauherr diese Sicherheit lange nach Abnahme behält, nämlich bis zur rechtskräftigen Feststellung der Höhe der Werklohnforderung. Da die Vertragserfüllungssicherheit in diesem Fall auch nach Abnahme hervortretende Gewährleistungsansprüche sichert und zusätzlich der Bauherr auf die Gewährleistungssicherheit in Höhe von 2 % zurückgreifen kann, kommt es insgesamt zu einer unangemessen hohen Sicherung in Höhe von 7 %.

 

(BGH, Urteil vom 1. Okt. 2014 – VII ZR 164/12)

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor

Gesamt:

Jörg Diebow
Rechtsanwalt • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Kaiser-Joseph-Straße 262
79098 Freiburg

Telefon: 0761 / 79187-61


Honorar/Leistung: (5)
Erreichbarkeit: (5)
Verständlichkeit: (4.8)
Freundlichkeit: (5)
Diesen Rechtsanwalt bewerten
Vereinbaren Sie hier eine Rechtsberatung zum Artikel-Thema:
Kontaktieren Sie hier Fachanwalt Jörg Diebow:
* Pflichtfeld
Ja, ich willige ein, dass meine im „Kontaktformular“ eingetragenen personenbezogenen Daten zum Zwecke der Angebotsvermittlung per Fax und E-Mail an den zu kontaktierenden Anwalt übermittelt und gespeichert werden. Diese jederzeit widerrufliche Einwilligung sowie die Verarbeitung und Datenübermittlung durch Dritte erfolgen gem. unserer Datenschutzerklärung.
Kontaktieren
Weitere Artikel des Autors
Baurecht und Architektenrecht WIDERRUFLICHKEIT VON ARCHITEKTENVERTRAG?
01.01.2018

Der Fall: Der Auftraggeber hat als Verbraucher am 26. März 2015 in seinem Fahrzeug durch Aushändigung des von ihm teilweise ausgefüllten und unterzeichneten Formulars „ Raumbuch Wohnen / Vorplanungsbeauftragung “ an den Architekten ein bindendes Angebot abgegeben. Da der Auftraggeber mit den bis dahin erbrachten Leistungen des Architekten in den Leistungsphasen 1 und 2 nicht zufrieden war, hat er mit Schreiben vom 1. Juni 2015 fristgerecht den Architektenvertrag widerrufen. Der Architekt hat dem Auftraggeber gegenüber seine Leistungen abgerechnet. Der Auftraggeber hat eingewendet, nach Widerruf des Architektenvertrages nicht zur Zahlung ... weiter lesen

Baurecht und Architektenrecht STUFENWEISE BEAUFTRAGUNG VON ARCHITEKTEN – NEUES BAUVERTRAGSRECHT:
01.01.2018

Das ab dem 1. Januar 2018 gültige neue Bauvertragsrecht hat auch auf Architekten- und Ingenieurverträge erhebliche Auswirkungen. Beispielhaft wird verwiesen auf das einseitige Anordnungsrecht des Auftraggebers sowie auf die Haftungsprivilegien des Bauunternehmers für solche Mängel, die der Phase der Objektüberwachung zuzuordnen sind. Wesentlich ist insbesondere die richtige Anwendung des bisherigen Rechts oder des neuen Bauvertragsrechts. Für die bis zum 31. Dezember 2017 geschlossenen Bau-, Architekten- oder Ingenieurverträge gilt ohne weiteres das bisherige Werkvertragsrecht. Für alle danach geschlossenen Verträge gilt das neue ... weiter lesen

Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Baurecht und Architektenrecht Im Wohngebiet auch keine kleine Nebenerwerbs-Werkstatt

Mainz (jur). In einem allgemeinen Wohngebiet ist eine Autowerkstatt generell unzulässig. Das gilt auch für eine ganz kleine Werkstatt, die im Nebenerwerb nur an einem Tag in der Woche betrieben werden soll, wie das Verwaltungsgericht Mainz in einem am Donnerstag, 2. Februar 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 3 K 121/22.MZ).  Der Kläger hatte eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung seiner sechs mal 15 Meter großen Garage beantragt. Dort wollte er eine kleine Autowerkstatt mit Hebebühne einrichten. Diese wolle er nebenberuflich nur einen Tag in der Woche betreiben.  Die Bauaufsichtsbehörde lehnte dies ab. Ein Kfz-Betrieb sei in einem ... weiter lesen

Baurecht und Architektenrecht Windenergie vor Vogelschutz

Köln (jur). Nach aktuellem Recht muss der Vogelschutz gegenüber der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Zweifel zurückstehen. Ein Windpark ist danach auch in einem Vogelschutzgebiet möglich, wie am Donnerstag, 19. Januar 2023, das Verwaltungsgericht Köln entschied (Az.: 14 L 387/22). Es wies damit einen Eilantrag des Naturschutzbunds (NABU) zum Windpark Butendiek ab.  Der Windpark mit 80 Windrädern wurde bereits 2002 genehmigt, aber erst in den Jahren 2014 und 2015 gebaut. Er liegt 35 Kilometer vor der Insel Sylt in der Nordsee und innerhalb des 2005 ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebietes Östliche Deutsche Bucht.  Aufgrund neuer ... weiter lesen

Baurecht und Architektenrecht Windräder im Wald dürfen Bundesländer nicht generell verbieten

Karlsruhe. Windräder in Waldgebieten dürfen Bundesländer nicht generell verbieten, da ihnen diesbezüglich die Gesetzgebungskompetenz fehlt, wie das Bundesverfassungsgericht Karlsruhe in einem Beschluss Urteil gegen den Freistaat Thüringen am Donnerstag, 10. November 2022 (Az.: 1 BvR 2661/21) entschieden hat. Das Land greife in unzulässiger Weise in die Eigentumsrechte der Waldbesitzer ein. Die Errichtung von Windkraftanlagen in Waldgebieten kann nach Thüringer Landesrecht nicht genehmigt werden. Im Freistaat sind rund 34 Prozent der Fläche bewaldet. Vom Verbot seien auch sogenannte Kalamitätsflächen umfasst, in denen eine forstwirtschaftliche Nutzung aufgrund von ... weiter lesen

Baurecht und Architektenrecht Auch in Wohngebiet ist sozialtherapeutisches Zentrum erlaubt

Lüneburg. Auch in allgemeinen Wohngebieten ist ein sozialtherapeutisches Zentrum zulässig. Dies gilt auch dann, wenn es dort zu einer Unterbringung von für Personen mit Neigung zur Selbstgefährdung kommen soll, wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg in einem am Montag, 26. September 2022 bekannt gegebenen Beschluss entschieden hat (Az.: 1 ME 90/22). Das Gericht hat damit die Baugenehmigung zur Errichtung eines sozialtherapeutischen Zentrums in einem allgemeinen Wohngebiet in Bad Eilsen im Südwesten Niedersachsens bestätigt. Das Zentrum soll über 41 Wohnplätze verfügen. Davon sind 17 in einem „geschützten Bereich“ für Personen, die ... weiter lesen

Ihre Spezialisten