Karlsruhe (jur). Für die Umbuchung eines stornierten Flugs während der Coronapandemie dürfen die Fluggesellschaften keine Zuzahlung verlangen. Das gilt auch, wenn der neue Flugtermin erst erheblich später lag oder liegt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. Juni 2023 (Az.: X ZR 50/22).
Für coronabedingt stornierte Flüge hatte die Lufthansa ihren Kunden angeboten, sich ihr Ticket erstatten zu lassen oder auf einen anderen Termin umzubuchen. Allerdings hatte die Lufthansa bei einer Umbuchung auf einen deutlich späteren Termin einen Aufpreis verlangt. So musste ein Fluggast für einen von Ende März auf Mitte Juli 2020 verschobenen Flug von München nach Toulouse und zurück 75 Euro zuzahlen. Ein anderer Kunde, der einen Erste-Klasse-Flug von Stockholm über Frankfurt am Main nach Buenos Aires von Ostern 2020 auf das Jahresende oder März 2021 verschieben wollte, sollte 3000 Euro zuzahlen.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen meinte, die Zuzahlungen seien unzulässig und klagte. Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Köln hatten die Verbraucherschützer noch abgewiesen. Nach der EU-Fluggastrechteverordnung könnten Flugpassagiere eine kostenlose Umbuchung nur im „zeitlichen Zusammenhang“ mit dem ursprünglichen Flugtermin verlangen. In den von der Verbraucherzentrale genannten Beispielen sei es aber jeweils um mehrere Monate gegangen.
Dem widersprach in oberster Instanz nun der BGH. Die EU-Verordnung sehe bei Flugstornierungen eine Erstattung der Flugscheinkosten oder eine anderweitige Beförderung „unter vergleichbaren Reisebedingungen“ vor. Damit sei aber nicht der Termin gemeint, wie sich auch aus anderen Sprachfassungen der Verordnung ergebe. Auch sonst lasse sich der Fluggastrechteverordnung eine terminliche Beschränkung der Umbuchung nicht entnehmen. Vielmehr seien Umbuchungen ausdrücklich „zum frühestmöglichen oder – vorbehaltlich verfügbarer Plätze – zu einem späteren Zeitpunkt“ möglich.
Negative wirtschaftliche Folgen müssten die Fluggesellschaften hinnehmen, betonten die Karlsruher Richter. Nach EU-Recht gehe der Verbraucherschutz hier vor.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock