Lüneburg (jur). Nach einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung muss das betroffene Kind nicht rückwirkend die deutsche Staatsangehörigkeit wieder verlieren. Auch wenn sich nach der Geburt herausstellt, dass der eigentliche Vater ein Ausländer ist, sieht das Gesetz in einem solchen Fall nicht ausdrücklich den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit vor, urteilte am Donnerstag, 25. Mai 2023, das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen-Bremen in Lüneburg (Az.: 13 LC 287/22).
Damit bleibt ein 2019 geborenes Mädchen weiterhin Deutsche. Die ausländische Mutter hatte vor der Geburt des Kindes einen Deutschen geheiratet. Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil – wie hier – ebenfalls Deutscher ist. Da der Ehemann zum Zeitpunkt der Geburt bereits mit der Mutter verheiratet war, gilt er nach dem Gesetz auch automatisch als „Vater des Kindes“.
Als sich die ausländische Ehefrau jedoch von ihrem Mann scheiden ließ, stellte das Familiengericht auf ihren Antrag und auf Antrag des Kindes im Jahr 2020 fest, dass nicht der geschiedene Ehemann, sondern ein ausländischer Staatsangehöriger der Vater ist.
Die Stadt Lüneburg entschied daraufhin, dass das Mädchen mit der erfolgten Vaterschaftsanfechtung rückwirkend die deutsche Staatsangehörigkeit verloren habe. Denn ihr Vater sei kein Deutscher gewesen. Der Verlust der Staatsangehörigkeit ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der familien- und staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften. Dies entspreche auch langjähriger Verwaltungspraxis und sei von den Gerichten gebilligt worden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 und der geltenden Gesetzeslage reiche dies jedoch nicht mehr aus, befand das OVG. Denn der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit infolge einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung müsse im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein. Eine solch konkrete Regelung enthalte das Staatsangehörigkeitsgesetz aber nicht.
Bislang sieht dieses den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nur in wenigen Fällen vor. So ist der Verlust der Staatsangehörigkeit möglich, wenn das Kind durch einen Ausländer angenommen oder wenn eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben wird.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock