München (jur). Die Fusion von Kirchengemeinden kann trotz des von der Kirche damit gewünschten Sparzwecks teuer sein. Denn verfügen die ursprünglichen Kirchengemeinden über Anteile an grundbesitzenden GmbHs, etwa für Krankenhäuser oder Altenheime, wird mit der Übertragung der Anteile auf die neu errichtete Kirchengemeinde regelmäßig Grunderwerbsteuer fällig, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Donnerstag, 31. August 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: II R 24/21). Das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen werde mit der Steuererhebung nicht verletzt.
Die klagende katholische Kirchengemeinde aus Nordrhein-Westfalen entstand aus einer Fusion mit mehreren anderen Kirchengemeinde. Der zuständige Bischof hatte die Zusammenlegung der Kirchengemeinden kirchenrechtlich in einem Dekret bestimmt. Der Regierungspräsident erkannte daraufhin die neue Kirchengemeinde als öffentlich-rechtliche Körperschaft an. Das gesamte Vermögen der ursprünglichen Kirchengemeinden wurden auf die neue öffentlich-rechtliche Körperschaft übertragen, darunter auch Beteiligungen an grundbesitzenden GmbHs. Die neu errichtete Kirchengemeinde wurde so Alleingesellschafterin eines als GmbH organisierten Caritas-Krankenhauses, an dem ursprünglich zwei der verbundenen Gemeinden 80 beziehungsweise 20 Prozent gehalten hatten.
Das Finanzamt verlangte wegen der Übertragung der grundbesitzenden GmbHs auf die neu errichtete Kirchengemeinde Grunderwerbsteuer.
Die nun fusionierte Kirchengemeinde meinte, dass keine Grunderwerbsteuerpflicht bestehe. Sie berief sich auf ihr im Grundgesetz verankertes kirchliches Selbstbestimmungsrecht. Müsse bei der Neugründung von Kirchengemeinden Grunderwerbsteuer gezahlt werden, seien notwendige kirchliche Umstrukturierungsmaßnahmen nur schwer durchzuführen. Ihr Selbstbestimmungsrecht würde in unzulässiger Weise begrenzt. Auch sei nach der geltenden Weimarer Reichsverfassung das kirchliche Eigentum besonders geschützt, wenn es karitativen Zwecken dient. Dies gelte auch heute noch.
Der BFH entschied in seinem Urteil vom 10. Mai 2023, dass die vom Regierungspräsidenten genehmigte Neugründung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu einer Grunderwerbsteuerpflicht führe. Grunderwerbsteuer müsse gezahlt werden, wenn mindestens 90 Prozent (im Zeitpunkt des Streits noch 95 Prozent) der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften auf die neu errichtete Kirchengemeinde vereinigt werden.
Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht werde dadurch nicht verletzt. Zwar könne eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer im Falle einer Schenkung bestehen. Hier hätten die aufgelösten Kirchengemeinden der neu errichteten Kirchengemeinde aber nichts geschenkt. Der Vermögensübergang sei vielmehr nach innerkirchlichem Gesetzen erfolgt.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock