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Körperverletzung - vorsätzliche, gefährliche, schwere - Voraussetzungen

20.09.2024 Strafrecht

Eine Körperverletzung kann in verschiedenen Tatformen begangen werden. Die angedrohten Strafen unterscheiden sich dabei deutlich. Dieser Artikel stellt einige wesentliche, in der Praxis des Gerichtsalltags immer wieder vorkommende Tatvarianten und die gesetzlich angedrohten Strafen dar.

1)  vorsätzliche Körperverletzung

Diese ist in § 223 Strafgesetzbuch (= StGB) geregelt. Danach macht sich strafbar, wer einen anderen vorsätzlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.
Diese Voraussetzung ist bereits erfüllt, wenn ein kurzer Schmerz gefühlt, eine Rötung verursacht wurde.

Bereits ein Schubsen gegen den Brustkorb, eine leichte Ohrfeige können eine Körperverletzung darstellen.

"Vorsätzlich" bedeutet nicht nur, dass jemand absichtlich handelt, dass er die Verletzung ausdrücklich gewollt hat. Es reicht bereits, wenn es jemand in Kauf nimmt, dass er einen anderen verletzt, ihn an der Gesundheit schädigt.

Auch die versuchte Körperverletzung ist strafbar.

-- Strafrahmen

Im deutschen Strafrecht gibt es sog. Strafrahmen für die zu verhängende Strafe. Diese Strafrahmen reichen häufig von Geldstrafe bis zu mehreren Jahren Freiheitsstrafe. Welche Strafe konkret verhängt wird, ist abhängig von der Schwere der Schuld, den Tatumständen, den Tatfolgen und evtl. bereits vorhandener Vorstrafen

Der Strafrahmen für die "einfache", aber vorsätzliche Körperverletzung reicht von Geldstrafe bis maximal 5 Jahren Freiheitsstrafe.

Bei der fahrlässigen Körperverletzung verringert sich der Strafrahmen auf Geldstrafe bis maximal 3 Jahre Freiheitsstrafe.

Wenn das Gesetz Freiheitsstrafe androht, kann diese – wenn sie nicht mehr als 2 Jahre beträgt – vom Gericht noch in der Verhandlung zur Bewährung ausgesetzt werden.

2) gefährliche Körperverletzung

Diese ist in § 224 StGB geregelt. Sie kommt in der Praxis gehäuft in folgenden Tatvarianten vor:

 - Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,

 - Körperverletzung gemeinschaftlich mit einem anderen Beteiligten,

 - Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung.


-- Strafrahmen

Das Gesetz sieht eine erhebliche Strafschärfung im Vergleich zur einfachen Körperverletzung vor. Der Strafrahmen reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Und auch in sog. minder schweren Fällen ist grundsätzlich eine Freiheitsstrafe vorgesehen von 3 Monaten bis maximal 5 Jahren.

- Was bedeuten nun die erwähnten Tatvarianten?

-- Tatvariante: "mittels eines gefährlichen Werkzeugs"

Viele sind überrascht, wenn sie eine Anklage erhalten und darin den Vorwurf lesen, eine Körperverletzung mittels "eines gefährlichen Werkzeugs" begangen zu haben, da sie nach ihrer Ansicht  kein "gefährliches Werkzeug" dabei hatten. Tatsächlich kann aber ein schlichter Gebrauchsgegenstand schnell zu einem "gefährlichen Werkzeug" werden.

Die Rechtsprechung hat folgende Gegenstände als "gefährliches Werkzeug" eingestuft:

 - Kleiderbügel bei Schlägen in das Gesicht,
 - Messergriff bei Schlägen mit dem Griff auf den Kopf,
 - Gabeln, Nadeln
 - Schlauch und auch Schlüsselbund bei Verwendung zum Schlagen,
 - Zigarette beim Ausdrücken auf der Stirn,
 - Pfefferspray.

Ein im Gerichtsalltag nahezu regelmäßig auftauchendes "gefährliches Werkzeug" ist der Schuh – oder wie es in Anklagen heißt: der "beschuhte Fuß".

Das ggfs. nur kurze Treten mit dem "beschuhten Fuß" gegen eine andere Person kann die Handlung bereits zu einer "gefährlichen Körperverletzung" machen, wenn der Schuh von schwerer, stabiler Qualität war. Was Anderes gilt, wenn der Schuh leicht, ggfs. aus Stoff war, z. B.: Sneakers, Turnschuhe. Bei diesen verneint die Rechtsprechung grundsätzlich die Eigenschaft des Schuhs als "gefährliches Werkzeug".

Gerade auf Volksfesten wie z.B. dem Oktoberfest ist der Maßkrug ein gefährliches Werkzeug, wenn mit diesem zugeschlagen wird.

-- Tatvariante: "gemeinschaftlich mit einem anderen Beteiligten"

Auch hier sind Betroffene immer wieder überrascht, wenn dieser Vorwurf erhoben wird, sie zwar mit am Ort des Geschehens waren, aber nicht eigenhändig an der Körperverletzung mitgewirkt haben.

Für diese Tatvariante ist nicht erforderlich, dass alle Beteiligten selbst ("eigenhändig") an der Körperverletzung mitgewirkt haben. Es reicht eine aktive physische oder auch nur psychische Unterstützung. Diese kann erfolgen durch das Reichen von Werkzeugen, Verhindern der Flucht des Geschädigten, aber auch unterstützende oder sogar anfeuernde Worte.

Der Tatbeitrag kann also lediglich eine unterstützende  Hilfe  sein. Trotzdem sind beide: also der die Körperverletzung direkt Ausführende sowie der Unterstützer der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Ihre unterschiedlichen Tatbeiträge werden nur im Rahmen der Zumessung der Strafhöhe berücksichtigt.


-- Tatvariante: "mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung"

Auch diese Tatvariante wird viel häufiger vorgeworfen, als es manch einer nach einer Schlägerei erwartete, da die geschlagene Person keine schweren Verletzungen aufwies, nicht mal ein Arzt gerufen wurde.

Nicht erforderlich ist bei dieser Tatvariante, dass das Leben tatsächlich konkret gefährdet wird. Es kommt lediglich darauf an, dass die Verletzungshandlung so gefährlich war, dass sie geeignet war, das Leben zu gefährden. Dass die Gefahr sich verwirklicht hätte, ist nicht erforderlich.

Gemäß der Rechtsprechung können z. B. folgende Handlungen das Leben gefährden:

 - wuchtiger Kopfstoß gegen den Kopf,
 - zahlreiche schwere Schläge gegen den Kopf,
 - Tritte gegen den Kopf,
 - Überdosierung von Drogen oder Medikamenten.

Dies sind nur Beispiele, und es sei noch einmal betont: es ist nicht erforderlich, dass tatsächlich schwere Verletzungen verursacht wurden. So zeigen gerade die Beispiele der Schläge gegen den Kopf, dass die Lebensgefährdung dieses Handelns darin gesehen wird, dass sie diese Gefahr für das Leben des Anderen verursachen könnten.

-- minder schwerer Fall ?

Ein solcher kann z. B. vorliegen, wenn der Täter zur Tat provoziert wurde oder in anderer Form eine Mitschuld des Geschädigten festgestellt wird.

3) schwere Körperverletzung

Sie wird immer wieder mit der gefährlichen Körperverletzung verwechselt.

Die Regelung der schweren Körperverletzung findet man in § 226 des Strafgesetzbuches (= StGB).

Sie liegt vor, wenn die Körperverletzung u. a. zur Folge hat, dass die verletzte Person besonders wichtige Sinnes- und Körperfunktionen verliert wie z. B. Seh-, Sprech- oder Hörfähigkeit, Fortpflanzungsfähigkeit oder ein wichtiges Körperteil oder die verletzte Person auf Dauer entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt.

Die Strafe beträgt zwischen 1 Jahr und 10 Jahren Freiheitsstrafe, bei einem minder schweren Fall von 6 Monaten bis 5 Jahre Freiheitsstrafe.
Verursacht ein Täter die beschriebenen Folgen absichtlich oder wissentlich, beträgt die Freiheitsstrafe mindestens 3 Jahre bis maximal 15 Jahre, bei einem minder schweren Fall 1 Jahr bis 10 Jahre Freiheitsstrafe.

4) Ist eine Freiheitsstrafe bei der gefährlichen und der schweren Körperverletzung immer zwingend?

Angesichts der Strafrahmen kann der Eindruck entstehen, dass das Gericht stets eine Freiheitsstrafe verhängen muss (wobei die Aussetzung zur Bewährung möglich ist, wenn die Freiheitsstrafe nicht mehr als 2 Jahre beträgt).

Dies ist nicht der Fall.

Sollte ein minder schwerer Fall festgestellt werden, ein Täter-Opfer-Ausgleich erfolgt sein, kann der Strafrahmen so weit nach unten verschoben werden, dass eine Geldstrafe verhängt wird.

5) Fazit

Die Unterschiede bei den Folgen der verschiedenen Tatvarianten einer Körperverletzung sind erheblich. Die Möglichkeiten, eine geringere Strafe als die zunächst gesetzlich oder seitens der Staatsanwaltschaft vorgesehene zu erzielen, sind vielfältig und häufig vorhanden.

Erforderlich dafür sind ein umfassendes fachspezifisches Wissen, vertiefte Kenntnisse der Rechtsprechung und ein großes strafverteidigerisches Können.

Rechtsanwältin Claudia Wüllrich ist seit Beginn ihrer Berufstätigkeit auf die Strafverteidigung spezialisiert, ist Fachanwältin für Strafrecht.

Gerade auch bei der Verteidigung wegen Körperverletzungsdelikten kann sie auf eine Vielzahl sehr erfolgreich abgeschlossener Verfahren verweisen.

 

 

 

 

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