Bielefeld (jur). Durchlöchert eine Frau vor dem Sex heimlich die zu verwendenden Kondome, stellt dies eine strafbare sexuelle Nötigung dar. Das Vorgehen ist vergleichbar mit dem sogenannten Stealthing, dem heimlichen Abziehen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs, entschied das Amtsgericht Bielefeld in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 2. Mai 2022 (Az.: 10 Ls - 566 Js 962/21 - 476/21). Das Amtsgericht verurteilte damit eine Frau wegen sexueller Nötigung zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe.
Die Frau wohnte von September 2020 bis 22. Februar 2021 in einer Wohngemeinschaft und hatte mit einem Mitbewohner immer wieder mal Sex. Es bestand eine „Freundschaft Plus“, bei der der Mann mit der Frau zwar Geschlechtsverkehr, aber keine ernsthafte Beziehung wollte. Damit die Frau nicht schwanger wird und weil er sich vor Krankheiten schützen wollte, wurde meist mit Kondomen verhütet.
Doch die „Freundschaft Plus“ war der Angeklagten zu wenig. Sie wollte eine feste Beziehung. Um den Mann an sich binden zu können, plante sie eine Schwangerschaft. Hierzu hatte sie die von dem Mann gekauften Kondome heimlich durchlöchert, ohne dass ihr Sex-Partner davon wusste.
Im März 2021 offenbarte die Frau ihm per WhatsApp, dass sie schwanger sei, was sich allerdings als Lüge herausstellte. Der Mann vermutete, dass die Frau ihn hintergangen hat – und ging zur Polizei. Die Beamten konnten tatsächlich an vier noch vorhandenen Kondomen Einstichstellen feststellen. Als ein Polizist in ein Kondom Wasser einfüllte, trat dann auch an mehreren Stellen Wasser aus.
Die Frau gestand daraufhin die Kondom-Durchlöcherung.
Das Amtsgericht wertete das heimliche Durchlöchern der Kondome als sexuelle Nötigung. Dieses sei, mit dem sogenannten Stealthing vergleichbar, bei dem Männer heimlich beim Sex das Kondom abziehen. Der Gesetzgeber sehe hierfür eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren vor.
Hier sei eine sechsmonatige Haftstrafe auf Bewährung angemessen. Die Frau sei geständig gewesen, der Mann habe auch kein Verfolgungsinteresse mehr. Das Paar habe sich vielmehr wieder vertragen, auch wenn es nicht zu der von der Angeklagten gewünschten Beziehung geführt hat.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock