Düsseldorf (jur). Liegt kein Testament im Original vor, kann auch eine private Kopie der Originalurkunde vom Nachlassgericht zur Testamentseröffnung herangezogen werden. Denn so kann eine zeitnahe „geordnete Nachlassabwicklung“ sichergestellt werden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 19. August 2022 (Az.: 3 Wx 119/22).
Die klagende Witwe aus Oberhausen hatte beim Nachlassgericht wegen des Todes ihres Ehemannes die Eröffnung des Testamentsverfahrens beantragt. Dabei werden Verfügungen des Verstorbenen vorgelegt, die seinen Letzten Willen betreffen. Notarielle Testamente oder Erbverträge werden dagegen automatisch im Sterbefall an das Nachlassgericht übermittelt, so dass kein Antrag auf Testamentseröffnung gestellt werden muss.
Hier hatte die hinterbliebenen Ehefrau die Kopie eines vom Erblasser unter dem Datum des 2. Januar 1976 errichteten privaten Testaments vorgelegt. Danach war sie die Alleinerbin. Die Witwe gab an, dass sie von ihrem Mann die Kopie zur Aufbewahrung erhalten habe. Warum er ihr nicht das Original-Testament überreicht habe, sei ihr nicht bekannt. Mit der Testamentseröffnung wollte die Frau letztlich einen Erbschein beantragen.
Doch das Nachlassgericht lehnte die Eröffnung des Testaments ab. Die Kopie biete nicht die Gewähr „einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe“ des Letzten Willens.
Das OLG entschied, dass auch mit einer Testamentskopie das Testamentsverfahren beim Nachlassgericht eröffnet werden könne. Mit dem Testamentseröffnungsverfahren sollen „zeitnah“ vorhandene Verfügungen festgestellt und den Erben bekanntgemacht werden. Das Nachlassgericht prüfe hier summarisch, ob das Testament plausibel, nicht aber, ob es rechtswirksam ist.
Damit müsse auch eine Kopie für die Eröffnung des Testamentsverfahrens ausreichen. Es sei zudem allgemein anerkannt, dass selbst offensichtlich formunwirksame Testamente zu eröffnen seien. Dies müsse dann auch für Kopien gelten.
Das Argument, dass eine Kopie nicht die unverfälschte Wiedergabe des Inhalts sicherstelle, greife daher nicht. Diese Gefahr bestehe auch bei Testamenten, die nicht oder nicht am Ende unterschrieben wurden. Solche Testamente seien möglicherweise unwirksam, gleichwohl seien auch diese zu eröffnen.
Sei die Wirksamkeit eines Testamentes fraglich, könne dies später in einem Erbscheinverfahren oder einer Erbenfeststellungsklage geklärt werden.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock