Hannover (jur). Musiker brauchen buchstäblich Raum für Kreativität. Die Kosten eines entsprechenden Zimmers gehören daher in voller Höhe zu ihren Betriebsausgaben, so ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) in Hannover, auf das das Gericht in seinem Newsletter vom Mittwoch, 19. September 2012, hingewiesen hat (Az.: 1 K 272/10).
Es gab damit einem Musiker, Arrangeur und Produzenten recht. Dieser nutzte privat und auch für die Arbeit zwei Häuser. In einem befanden sich ein voll eingerichtetes Tonstudio sowie ein Büro und ein Archivraum. Im zweiten Haus, abgeschieden auf dem Land gelegen, befand sich neben einer großen Privatwohnung auch ein 82 Quadratmeter großer „Kreativraum“. Dieser war mit Klavier, Keyboard und Laptop ausgestattet, vor allem aber mit über 25 Sitzgelegenheiten, überwiegend gemütliche Sessel und ein Sofa, teils gruppiert um einen Kamin.
Kreative Ideen bräuchten eine ruhige und kreative Umgebung, argumentierte der Musiker. Daran seien manchmal bis zu 15 Personen beteiligt. Das nur 15 Quadratmeter große Tonstudio sei für die Entwicklung musikalischer Ideen und Projekte völlig ungeeignet.
Die Finanzbeamten zeigten wenig Verständnis für kreative Gemütlichkeit und lehnten die Berücksichtigung des Raums bei den Betriebsausgaben ab. Selbst als der Musiker eine Aufstellung über die Belegung des Kreativraums einreichte, einschließlich der Namen weiterer beteiligter Personen, wollte das Finanzamt zumindest noch eine weitreichende private Mitnutzung unterstellen. Schließlich habe der Musiker nicht dargestellt und schon gar nicht belegt, wo er und seine Ehefrau im Streitjahr 2008 ihre Freizeit verbracht hätten.
So viel Neugier schien dem FG denn doch überzogen. Nach allen Umständen sei eine private Nutzung „eher fernliegend“, heißt es in dem Urteil. „Mit 25 bis 30 Sitzgelegenheiten ist der Raum für ein gemütliches Zusammensein unter Eheleuten eher unpassend“, stellten die Hannoveraner Richter fest. Zumal die Privatwohnung nebenan ebenfalls über einen Kamin verfüge und „mit über 110 Quadratmetern für einen Zweipersonenhaushalt auch hinreichend groß bemessen“ sei.
Dass der „Kreativraum“ nicht jeden Tag genutzt worden sei, sei angesichts der weiteren Arbeitsplätze des Musikers – Tonstudio und Büro – nicht verwunderlich. „Der Senat hält es auch für nachvollziehbar, dass gerade bei kreativem Arbeiten die Umgebung von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.“
Mit seinem Urteil vom 31. Mai 2012 lehnte das FG Hannover auch das Argument des Finanzamts ab, wenn überhaupt, sei der „Kreativraum“ als „Häusliches Arbeitszimmer“ zu werten und der Steuerabzug daher auf 1.250 Euro pro Jahr begrenzt. Doch häusliche Arbeitszimmer seien meist als Büroräume ausgestattet, konterte das Gericht. Zudem diene der Raum hier nicht dem Musiker allein, sondern sei offenkundig für die Mitnutzung durch zahlreiche weitere Personen bestimmt. Das Hannoveraner Urteil ist bereits rechtskräftig.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage