Steuerrecht

Kosten des „Kreativraums“ eines Musikers sind Betriebsausgaben

Zuletzt bearbeitet am: 22.02.2024

Hannover (jur). Musiker brauchen buchstäblich Raum für Kreativität. Die Kosten eines entsprechenden Zimmers gehören daher in voller Höhe zu ihren Betriebsausgaben, so ein Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) in Hannover, auf das das Gericht in seinem Newsletter vom Mittwoch, 19. September 2012, hingewiesen hat (Az.: 1 K 272/10).

Es gab damit einem Musiker, Arrangeur und Produzenten recht. Dieser nutzte privat und auch für die Arbeit zwei Häuser. In einem befanden sich ein voll eingerichtetes Tonstudio sowie ein Büro und ein Archivraum. Im zweiten Haus, abgeschieden auf dem Land gelegen, befand sich neben einer großen Privatwohnung auch ein 82 Quadratmeter großer „Kreativraum“. Dieser war mit Klavier, Keyboard und Laptop ausgestattet, vor allem aber mit über 25 Sitzgelegenheiten, überwiegend gemütliche Sessel und ein Sofa, teils gruppiert um einen Kamin.

Kreative Ideen bräuchten eine ruhige und kreative Umgebung, argumentierte der Musiker. Daran seien manchmal bis zu 15 Personen beteiligt. Das nur 15 Quadratmeter große Tonstudio sei für die Entwicklung musikalischer Ideen und Projekte völlig ungeeignet.

Die Finanzbeamten zeigten wenig Verständnis für kreative Gemütlichkeit und lehnten die Berücksichtigung des Raums bei den Betriebsausgaben ab. Selbst als der Musiker eine Aufstellung über die Belegung des Kreativraums einreichte, einschließlich der Namen weiterer beteiligter Personen, wollte das Finanzamt zumindest noch eine weitreichende private Mitnutzung unterstellen. Schließlich habe der Musiker nicht dargestellt und schon gar nicht belegt, wo er und seine Ehefrau im Streitjahr 2008 ihre Freizeit verbracht hätten.

So viel Neugier schien dem FG denn doch überzogen. Nach allen Umständen sei eine private Nutzung „eher fernliegend“, heißt es in dem Urteil. „Mit 25 bis 30 Sitzgelegenheiten ist der Raum für ein gemütliches Zusammensein unter Eheleuten eher unpassend“, stellten die Hannoveraner Richter fest. Zumal die Privatwohnung nebenan ebenfalls über einen Kamin verfüge und „mit über 110 Quadratmetern für einen Zweipersonenhaushalt auch hinreichend groß bemessen“ sei.

Dass der „Kreativraum“ nicht jeden Tag genutzt worden sei, sei angesichts der weiteren Arbeitsplätze des Musikers – Tonstudio und Büro – nicht verwunderlich. „Der Senat hält es auch für nachvollziehbar, dass gerade bei kreativem Arbeiten die Umgebung von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.“

Mit seinem Urteil vom 31. Mai 2012 lehnte das FG Hannover auch das Argument des Finanzamts ab, wenn überhaupt, sei der „Kreativraum“ als „Häusliches Arbeitszimmer“ zu werten und der Steuerabzug daher auf 1.250 Euro pro Jahr begrenzt. Doch häusliche Arbeitszimmer seien meist als Büroräume ausgestattet, konterte das Gericht. Zudem diene der Raum hier nicht dem Musiker allein, sondern sei offenkundig für die Mitnutzung durch zahlreiche weitere Personen bestimmt. Das Hannoveraner Urteil ist bereits rechtskräftig.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
 

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Steuerrecht Was Bürger 2024 über neue Gesetze und Änderungen wissen müssen

Regelmäßig werden in Deutschland neue Gesetze verabschiedet, welche unter anderem finanzielle Veränderungen bei Verbrauchern hervorrufen. Dementsprechend ist es von Vorteil, sich mit den durch neue Gesetze entstehenden Konsequenzen auseinanderzusetzen. Manche Gesetzesänderungen sind vorteilhaft, andere wiederum führen zu gewissen Nachteilen, die berücksichtigt werden sollten. Steuerliche Veränderungen im Jahr 2024 Sowohl Selbstständige als auch Arbeitnehmer müssen in Deutschland Steuern zahlen, wenn sie hier einer Arbeit nachgehen. Aber auch Rentner und andere Personengruppen sind unter Umständen steuerpflichtig. Daher spielen Änderungen hinsichtlich der ... weiter lesen

Steuerrecht BFH entscheidet: Bankenprivileg gilt auch für Konzernfinanzierungsgesellschaften

In einem Urteil vom 30. November 2023 (Aktenzeichen III R 55/20 ) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Konzernfinanzierungsgesellschaften das gewerbesteuerliche Bankenprivileg beanspruchen können, sofern ihre bankbezogenen Aktivposten die anderweitigen Geschäftsposten überwiegen. BFH erkennt Konzernfinanzierer als Kreditinstitut trotz Dienstleistungseinkünften an Die betroffene Gesellschaft erbrachte mehrheitlich innerhalb eines Konzernverbundes verschiedene Dienstleistungen und agierte zudem als Konzernfinanzierungsgesellschaft, was sie nach § 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) als Kreditinstitut qualifizierte. Ein Vergleich der Aktivposten zeigte, ... weiter lesen

Steuerrecht BFH entscheidet über Kindergeldanspruch bei Pflegeeltern

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit dem Urteil vom 18. Januar 2024, Aktenzeichen III R 5/23 , klargestellt, wie bei mehreren kindergeldberechtigten Personen im gleichen Monat der Vorrang des Anspruchs zu ermitteln ist: Maßgeblich ist, wer zu Beginn des Monats die Bedingungen für eine vorrangige Berechtigung erfüllt. BFH verweigert Kindergeld für Pflegeeltern im Dezember 2020 Ein Paar, bestehend aus dem Kläger und seinem Lebensgefährten, nahm ein im November 2020 geborenes Kind, welches von einer obdachlosen Mutter stammt, am 7. Dezember 2020 in ihren Haushalt auf. Dadurch wurden sie zu Pflegeeltern des Kindes. Unter ihnen wurde vereinbart, dass der Kläger als ... weiter lesen

Steuerrecht BFH-Urteil: Prozesskosten für nachehelichen Unterhalt nicht abzugsfähig

In einem Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) festgelegt, dass die Kosten eines Rechtsstreits zur Erlangung oder Erhöhung von nachehelichem Unterhalt steuerlich nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Diese Entscheidung betrifft Unterhaltsempfänger, die ihre Unterhaltszahlungen im Rahmen des sogenannten Realsplittings versteuern (Az. X R 7/20 ). Kampf um höheren Unterhalt erfolgreich, doch Steuervorteil versagt Nach ihrer Scheidung im Jahr 2014 wurde die Klägerin von ihrem ehemaligen Ehemann (B) zu einem nachehelichen Unterhalt von monatlich 582,50 Euro verpflichtet. Ein gerichtliches Verfahren mündete in einem Vergleich, der B zur Zahlung eines ... weiter lesen

Ihre Spezialisten