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Krankenkassen muss bei angeführter Lebensgefahr zahlen

Stuttgart (jur). Streiten sich Krankenkassen und Eltern schwerstbehinderter Kinder über den Umfang der zu übernehmenden häuslichen Krankenpflege, muss das Leben des Kindes höher als der mögliche Vermögensschaden der Kasse gewichtet werden. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Dienstag, 12. Mai 2015, bekanntgegebenen Urteil klargestellt und Eltern einer schwerstbehinderten Tochter bis zum Abschluss des Hauptverfahrens eine umfangreichere häusliche Krankenpflege bewilligt (Az.: L 5 KR 605/15).

Das zweijährige Kind ist mehrfach geistig und körperlich behindert und musste wenige Tage nach der Geburt vier Monate lang dauerhaft künstlich beatmet werden. Auch danach war insbesondere nachts und bis zu vier Stunden täglich eine Beatmung über eine operative Öffnung der Luftröhre am Hals erforderlich.

Die AOK hatte eine häusliche Krankenpflege zunächst für 16 Stunden und dann für 13 Stunden täglich bewilligt. Pflegedienste übernahmen bis zu drei Tagesdienste und vier Nachtwachen pro Woche. Die restliche Zeit kümmerten sich die Eltern um das Kind.

Nachdem bei dem Mädchen die Luftröhrenöffnung am Hals im Herbst 2014 operativ wieder geschlossen wurde, bewilligte die AOK nur noch täglich drei Stunden häusliche Krankenpflege. Die Kasse berief sich auf einen Gutachter, der eine durchgehende Überwachung des Kindes nicht mehr erforderlich hielt. Das Kind könne regelmäßig atmen und selbstständig auftretende Sekrete wieder abhusten.

Die Eltern wollten die Kürzung der häuslichen Krankenpflege nicht hinnehmen. Sie könnten ihre Tochter weiterhin nicht aus den Augen lassen. Sie drehe sich nachts häufig auf den Rücken und erbreche dann. Es bestehe Erstickungsgefahr.

In seinem Eilbeschluss vom 14. April 2015 gab das LSG den Eltern vorläufig recht. Danach darf die AOK zumindest bis zum Abschluss des Hauptverfahrens die häusliche Krankenpflege nicht weiter kürzen. Um den Umfang der häuslichen Krankenpflege bestimmen zu können, seien zahlreiche medizinische Ermittlungen erforderlich. Dies könne aber nur während des Hauptverfahrens und nicht auf die Schnelle erfolgen.

Daher sei eine Folgenabwägung zwischen dem Kind und der AOK vorzunehmen. Hier müsse dem Interesse des Kindes der Vorrang eingeräumt werden, da dessen Leben im Zweifel bedroht sei. Das Vermögensinteresse der Krankenkasse müsse somit zurückstehen, auch auf die Gefahr hin, dass möglicherweise Leistungen zu Unrecht gewährt werden.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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