Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 16. April 2025 eine wegweisende Entscheidung getroffen: Die Erfüllung von Provisionsansprüchen durch Kryptowährung – konkret in Form von Ether (ETH) – kann unter bestimmten Voraussetzungen als zulässiger Sachbezug im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) gelten. Unternehmen erhalten dadurch neue Gestaltungsmöglichkeiten bei der Entlohnung – unter Beachtung rechtlicher Grenzen.
Provisionen in der Kryptowährung: Hintergrund und rechtlicher Rahmen
Das BAG (10 AZR 80/24) hatte über die Klage eines Vertriebsmitarbeiters zu entscheiden, dessen Arbeitgeber einen Teil der vertraglich vereinbarten Provisionen in der Kryptowährung Ether auszahlen wollte. Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob eine solche Form der Entlohnung den Vorgaben der GewO genügt.
Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO ist Arbeitsentgelt grundsätzlich in Geld zu leisten. Sachbezüge sind nur zulässig, wenn sie vertraglich vereinbart und dem Interesse des Arbeitnehmers dienlich sind. Das BAG stellte klar: Die Zahlung in Kryptowährung kann, wenn objektiv im Arbeitnehmerinteresse liegend, als Sachbezug eingestuft werden.
Allerdings betont das Gericht auch die Schutzmechanismen des Arbeitsrechts. So muss der unpfändbare Teil des Arbeitsentgelts stets in Geld ausgezahlt werden. Dies soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer über ein Existenzminimum verfügen kann, das vor Kursschwankungen oder Akzeptanzproblemen digitaler Währungen geschützt ist.
Bedeutung für die Praxis
Für Unternehmen eröffnet das Urteil neue Wege in der Personalvergütung – besonders im technologieaffinen Umfeld. Arbeitgeber können Kryptowährungen als Anreizsystem in Incentive- oder Bonusprogrammen einsetzen, sofern sie:
- eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung treffen;
- den unpfändbaren Teil der Vergütung in Euro auszahlen;
- sicherstellen, dass die Kryptowährung im Interesse des Arbeitnehmers verwendet wird.
Compliance und steuerliche Einordnung bei Kryptowährungen
Auch wenn das BAG den arbeitsrechtlichen Rahmen präzisiert hat, bleiben Fragen der steuerlichen Behandlung offen. Kryptowährungen gelten steuerlich grundsätzlich als sonstige Wirtschaftsgüter. Die Bewertung der Sachbezüge erfolgt nach dem Marktwert im Zeitpunkt des Zuflusses. Arbeitgeber müssen hier eine genaue Dokumentation und Bewertung sicherstellen, um steuerrechtliche Risiken zu vermeiden.
Chancen und Risiken: Auswirkungen auf Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer bietet die neue BAG-Rechtsprechung Chancen – etwa durch Teilhabe an potenziellen Kursgewinnen. Gleichzeitig bestehen Risiken durch die hohe Volatilität digitaler Währungen. Deshalb ist eine transparente Kommunikation durch den Arbeitgeber entscheidend.
Zudem sollten Arbeitnehmer darauf achten, dass die Auszahlung in Kryptowährung nicht zu einer Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften führt. Wichtig ist, dass die Grenze zwischen freiwilliger Vereinbarung und einseitiger Leistungsbestimmung des Arbeitgebers gewahrt bleibt.
Kryptowährung als Sachbezug: Ein rechtlicher Wendepunkt
Mit der Entscheidung vom 16. April 2025 hat das BAG wichtige Leitplanken gesetzt. Kryptowährungen wie Ether können künftig Teil moderner Vergütungsmodelle sein – sofern rechtlich korrekt eingebettet. Für Unternehmen bietet sich damit ein innovatives Mittel zur Mitarbeiterbindung, sofern die Schutzmechanismen gewahrt bleiben.
Das Urteil stellt einen Meilenstein für den flexiblen Einsatz digitaler Zahlungsformen in der Arbeitsvergütung dar. Arbeitgeber sollten jedoch nicht vorschnell agieren, sondern die rechtlichen Rahmenbedingungen gründlich analysieren. Die Kombination aus arbeitsrechtlicher Zulässigkeit, steuerlicher Bewertung und IT-technischer Umsetzung verlangt interdisziplinäres Know-how.
Tipp: Berücksichtigen Sie bei der Vergütung mit Kryptowährung immer die Kursschwankungen – durch vertraglich fixierte Euro-Werte oder eine Absicherung des Umrechnungskurses im Zeitpunkt der Auszahlung.
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