Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 25. Juli 2025 (Az. 12 SLa 640/25) eine bedeutende Entscheidung zum Kündigungsschutz bei Personalabbau getroffen.
Die Richter stellten klar: Wenn ein Unternehmen im Rahmen einer einheitlichen Restrukturierungsentscheidung Stellen abbaut, zählt der Zeitpunkt dieser unternehmerischen Planung – nicht der spätere, kleinere Personalstand im Moment der Kündigung. Damit stärkt das Gericht den Schutz von Arbeitnehmern bei betriebsbedingten Kündigungen und schafft Rechtssicherheit für Personalverantwortliche.
Kündigungsschutzgesetz: Warum der Zeitpunkt der Planung entscheidend ist
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, findet jedoch gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur Anwendung in Betrieben mit mehr als zehn regelmäßig Beschäftigten.
Entscheidend ist daher, wann die Betriebsgröße zu bestimmen ist: zum Zeitpunkt der Kündigung oder der unternehmerischen Entscheidung.
Das LAG Berlin-Brandenburg stellte klar, dass bei einem geplanten Personalabbau der Zeitpunkt der ursprünglichen unternehmerischen Entscheidung maßgeblich ist. Dadurch wird verhindert, dass Arbeitgeber durch gestaffelte Entlassungen oder nachträgliche Personalreduktionen den Kündigungsschutz künstlich umgehen.
Der Fall: Restbetrieb nach Betriebsübergang
Im entschiedenen Fall hatte ein Unternehmen einen Betriebsübergang (§ 613a BGB) vollzogen. Einige Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang und blieben beim alten Arbeitgeber in einem sogenannten Restbetrieb. Dieser war von Anfang an dazu bestimmt, die verbliebenen Arbeitsverhältnisse abzuwickeln.
Als später Kündigungen ausgesprochen wurden, argumentierte der Arbeitgeber, der Restbetrieb sei inzwischen ein Kleinbetrieb – und das KSchG daher nicht anwendbar.
Das Gericht widersprach: Der gesamte Personalabbau beruhte auf einer einheitlichen unternehmerischen Restrukturierungsentscheidung.
Schutz vor der „Salami-Taktik“
Das Urteil hat Signalwirkung für alle Restrukturierungen, die in mehreren Phasen erfolgen.
Wenn die Entlassungen Teil eines einheitlichen Plans sind, müssen sie zusammengezählt werden.
So verhindert das Gericht die sogenannte „Salami-Taktik“, bei der Arbeitgeber durch gestückelte Maßnahmen die Schwellenwerte des KSchG unterlaufen könnten.
Zugleich wird der Schutzzweck des Kündigungsschutzgesetzes betont: Arbeitnehmer sollen auch dann geschützt sein, wenn eine Betriebsverkleinerung langfristig geplant ist.
Was das Urteil für Unternehmen bedeutet
Es sind drei wesentliche Punkte, die der Richterspruch verdeutlicht:
- Zusammenrechnung der Entlassungen:
Wenn ein Personalabbau in mehreren Etappen auf Grundlage eines einheitlichen Plans erfolgt, sind die geplanten Entlassungen zusammenzurechnen. - Schutz vor „Salami-Taktik“:
Arbeitgeber können größere Personalabbauten nicht in kleine, formal KSchG-freie Schritte aufteilen, um die Anwendung des Gesetzes zu umgehen. - Zweck des KSchG im Fokus:
Das Gericht stärkt die Schutzfunktion des Gesetzes, das Arbeitnehmer vor strukturell motivierten Kündigungen bewahren soll.
Für Unternehmer, Führungskräfte und Personalabteilungen erhöht das Urteil die Anforderungen an eine rechtssichere Planung von Personalabbau.
Wer mehrere Kündigungswellen plant, muss die ursprüngliche unternehmerische Entscheidung dokumentieren und prüfen, ob die Gesamtzahl der Entlassungen zur Anwendung des KSchG führt.
Tipp: Unternehmen sollten bei geplanten Restrukturierungen frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um Risiken zu minimieren. Ebenso ist eine sorgfältige Sozialauswahl erforderlich, um Kündigungen sozial zu rechtfertigen. Restbetriebe dürfen dabei nicht als „Kleinbetriebe“ behandelt werden, wenn sie Teil einer übergeordneten Gesamtmaßnahme sind.
Zusammenfassung
Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit seiner Entscheidung vom 25. Juli 2025 die Rechtslage beim Kündigungsschutz bei Personalabbau deutlich geschärft.
Für die Anwendung des KSchG ist künftig der Zeitpunkt der unternehmerischen Planung entscheidend, nicht der spätere Personalstand.
Damit stärkt das Urteil den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, erschwert missbräuchliche Gestaltungen und zwingt Unternehmen zu einer transparenteren und dokumentierten Restrukturierungsplanung.
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