Leipzig (jur). Allein der Bund ist für die humanitäre Aufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen aus dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos letztlich zuständig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem am Dienstag, 15. März 2022, verkündeten Urteil entschieden (Az.: 1 A 1.21). die Leipziger Richter stellten fest, dass das Bundesinnenministerium dem Land Berlin die zusätzliche Aufnahme „besonders schutzwürdiger Personen“ aus Moria verbieten durfte.
Hintergrund des Rechtsstreits waren die katastrophalen Verhältnisse in dem total überfüllten griechischen Flüchtlingslager Moria. Das Land Berlin wollte helfen und hatte im Juni 2020 eine Aufnahmeanordnung erlassen, kurz vor der Zerstörung des Lagers infolge von Unruhen und Bränden im September 2020. Aus humanitären Gründen sollten 300 besonders schutzbedürftige Personen aufgenommen werden. Das Bundesinnenministerium verbot das Vorpreschen Berlins. Allein der Bund sei für die Aufnahme der Kontingentflüchtlinge aus anderen EU-Ländern zuständig. Es müsse zudem die „Bundeseinheitlichkeit“ bei der Aufnahme der Flüchtlinge gewahrt werden.
Berlin legte gegen diese Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht als erst- und letztinstanzlich zuständiges Gericht Klage ein.
Doch die obersten Verwaltungsrichter erteilten dem Bundesland eine Abfuhr. Zwar sehe das Aufenthaltsgesetz durchaus die Möglichkeit vor, dass einzelne Bundesländer Gruppen von Flüchtlingen aus humanitären Gründen aufnehmen können. Hierfür sei aber „zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit“ das Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium erforderlich. Dessen Zweck sei „eine im Grundsatz einheitliche Behandlung der fraglichen Personengruppe im Bundesgebiet und zielt unter anderem auf die Verhinderung negativer Auswirkungen auf die anderen Länder oder den Bund“.
Habe der Bund selbst Ausländer aus der fraglichen Gruppe aus denselben humanitären Gründen aufgenommen, dürfe er einem vergleichbaren zusätzlichen Landesaufnahmeprogramm das Einvernehmen verweigern. Hier habe der Bund zu Recht darauf hingewiesen, dass die von Berlin vorgesehene Aufnahme der Flüchtlinge zu einer unterschiedlichen Rechtsstellung gegenüber Flüchtlingen aus demselben griechischen Flüchtlingslager geführt hätte, die vom Bund aufgenommen wurden. So habe der Bund Moria-Flüchtlingen eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens gewährt. Berlin habe dagegen eine sofortige Erteilung von zunächst auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnisse vorgesehen, ohne dass die Asylgründe geprüft worden wären.
Hinzu komme, dass das Aufenthaltsgesetz keine Rechtsgrundlage für die Aufnahme von Kontingentflüchtlingen aus anderen EU-Mitgliedstaaten biete. Die EU-Regelungen zur Aufnahme von Flüchtlingen hätten vielmehr Vorrang vor nationalen Aufnahmen einzelner deutscher Länder. Der Bund stimme hierbei ein europäisch abgestimmtes Vorgehen ab, etwa welche Anzahl kranker Kinder und ihrer Familien aufgenommen werden sollen.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock