Sozialrecht

Landessozialgericht: Kein Unfallschutz bei Reha-Nachsorge

Zuletzt bearbeitet am: 18.09.2024

Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg befasst sich mit der Frage, ob ein Unfallversicherungsschutz für eine Patientin besteht, die nach einer Reha-Nachsorge einen Unfall erlitt (Az: L 21 U 180/21).

Unfall nach Rehabilitationsnachsorge - Anerkennung als Arbeitsunfall verweigert

Im Frühjahr 2018 absolvierte eine 55-jährige Frau eine mehrwöchige stationäre Reha in einer Klinik, finanziert von der Deutschen Rentenversicherung zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit.

Gegen Ende erlitt sie bei einer Therapie ein Hämatom, wodurch die stationäre Behandlung abgebrochen wurde. Stattdessen begann sie mit einer ambulanten „intensivierten Rehabilitationsnachsorge“ (IRENA). Am 16. Oktober 2018 stieß sie nach einem IRENA-Termin mit einer Radfahrerin zusammen, stürzte und verletzte sich.

Die Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall und die Übernahme der Behandlungskosten, da Leistungen nach Abschluss der Reha nicht unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz fielen.

Eine Klage der Frau vor dem Sozialgericht Potsdam blieb erfolglos.

Unfall nach Rehabilitationsnachsorge (IRENA) kein Arbeitsunfall – Versicherungsschutz nicht gegeben

Das Landessozialgericht bestätigte am 11. Januar 2024 das Urteil des Sozialgerichts.

Der Senat erklärte, dass der Vorfall keinen Arbeitsunfall darstelle. Obwohl das Gesetz Unfallversicherungsschutz für Teilnehmer an stationären oder ambulanten Reha-Maßnahmen vorsieht (§ 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII), gilt dies nicht für Nachsorgeleistungen wie IRENA. Diese seien keine ambulante Rehabilitation und fielen somit nicht unter den Gesetzestext.

Aus der Gesetzesbegründung gehe hervor, dass Nachsorge nicht mit ambulanter Reha gleichzusetzen sei, und es gebe keine Hinweise auf eine unbeabsichtigte Regelungslücke. Auch sei das Unfallrisiko bei ambulanter oder stationärer Reha durch längere Aufenthalte höher als bei Nachsorge mit kurzen, unregelmäßigen Terminen. Daher sei eine restriktive Auslegung des Versicherungstatbestands gerechtfertigt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision wurde zugelassen.

Tipp: Basierend auf dieser Entscheidung sollten Betroffene beachten, dass Unfallversicherungsschutz nach Abschluss einer stationären oder ambulanten Reha nicht für Nachsorgeleistungen wie IRENA besteht. Es ist ratsam, sich über alternative Absicherungen zu informieren, um im Falle eines Unfalls abgesichert zu sein.

Symbolgrafik:© Zerbor - stock.adobe.com

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