Karlsruhe (jur). In zwei neuen Urteilen zu den Lehman-Zertifikaten hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag, 25. November 2014, diesmal zu Gunsten der Anleger entschieden. Danach mussten die Banken ihre Kunden über Sonderkündigungsrechte der niederländischen Lehman-Tochter informieren, weil diese trotz „Kapitalschutz“ zu einem kompletten Verlust des angelegten Geldes führen konnten (Az.: XI ZR 169/13 und XI ZR 480/13).
Die Anleger hatten bei der Frankfurter Privatbank Bethmann Bank AG verschiedene Lehmann-Zertifikate für 33.000 beziehungsweise 140.000 Euro gekauft. Die Geldanlagen waren mit „100 Prozent Kapitalschutz“ beworben worden. Nach der Lehman-Insolvenz im September 2008 waren die Papiere weitgehend wertlos.
Mit ihren Klagen rügen die Anleger, sie seien nicht auf Sonderkündigungsrechte der niederländischen Lehman-Tochter hingewiesen worden, die die Zertifikate herausgegeben hatte. Ein Sonderkündigungsrecht bestand beispielsweise bei Fusionen, Übernahmeangeboten oder Insolvenz eines der von den Papieren erfassten Unternehmen. Trotz „Kapitalschutz“ musste Lehman dann nur noch den tatsächlichen Marktwert der Papiere abzüglich eigener Kosten bezahlen.
Der BGH gab den Klägern weitgehend recht und verpflichtete die Bethmann Bank zur Zahlung von Schadenersatz. Allerdings darf die Bank diesen um 17 Prozent kürzen. Denn diese Quote hätten die Anleger aus der Insolvenzmasse bekommen, wenn sie ihre Papiere beim Lehman-Insolvenzverwalter angemeldet hätten. Insoweit seien die Anleger verpflichtet gewesen, den Schaden möglichst gering zu halten, betonten die Karlsruher Richter.
Darüber hinaus stehe den Anlegern aber Schadenersatz zu. Die Papiere seien Inhaberschuldverschreibungen „mit einem zugesicherten Kapitalschutz“ gewesen. „Bei solchen ‚Garantie-Zertifikaten’ muss eine beratende Bank die Anleger über das in den jeweiligen Anleihebedingungen geregelte Sonderkündigungsrecht der Emittentin, das zu einem Totalverlust des Kapitals führen kann, ungefragt aufklären.“ Denn ein solches Sonderkündigungsrecht stehe dem vermeintlichen Kapitalschutz „diametral entgegen“ und sei daher eine wichtige Information für die Anlageentscheidung, so der BGH zur Begründung.
2012 hatte der BGH mehrfach entschieden, dass die Banken aber nicht über die Provisionen aufklären mussten, die sie für die Vermittlung der Lehman-Zertifikate erhalten haben. Diese habe Lehman intern gezahlt; aufklärungspflichtig seien aber nur Provisionen, die der Kunde zusätzlich als Aufschlag zum Nennbetrag der Anlage zahlt und dann vom Verkäufer (hier Lehman) an die vermittelnde Bank zurückfließen (Urteile und JurAgentur-Meldung vom 26. Juni 2012, Az.: XI ZR 316/11, XI ZR 259/11, XI ZR 355/10 sowie Urteile und JurAgentur-Meldung vom 16. Oktober 2012, Az.: XI ZR 367/11 und XI ZR 368/11).
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik: © FrankU - Fotolia.com