Steuerrecht

Leistungen im betreuten Wohnen umsatzsteuerfrei

02.03.2022
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Zuletzt bearbeitet am: 25.01.2024

Münster (Fachanwalt.de). Betreuungsleistungen für hilfsbedürftige Menschen im betreuten Wohnen sind umsatzsteuerfrei. Dies hat das Finanzgericht Münster in einem am Dienstag, 1. März 2022, bekanntgegebenen Urteil entschieden und damit dem Betreiber einer Seniorenresidenz recht gegeben (Az.: 15 K 3554/18 U).

Bei dem Kläger handelt es sich um eine GmbH, deren Seniorenresidenz aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens besteht. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den dort lebenden Bewohnern wurden Betreuungsverträge abgeschlossen. Diese sahen vor, dass das Personal des Pflegeheims unter anderem die Grundversorgung sicherstellt. Auch weitere Wahlleistungen, wie die Buchung eines Notrufsystems, wurden angeboten.

Der Betreiber der betreuten Wohnungen meinte, dass die erbrachten Leistungen teilweise umsatzsteuerfrei seien, soweit diese „eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen“ zusammenhingen.

Dem widersprach das Finanzamt. Zwar könnten Pflegeleistungen für hilfsbedürftige Personen umsatzsteuerfrei sein. Hier fehle es aber an Nachweisen der Hilfsbedürftigkeit. Allein eine Schwerbehinderung reiche nicht. Ebenso wenig sei auf Grund der Nutzung eines Rollators, das Bestehen einer Krankheit oder wegen eines gewissen Alters zwingend von einer Pflege- oder Hilfsbedürftigkeit auszugehen. Eine Pflegestufe sei hier nur für einzelne Bewohner nachgewiesen. Die Bewohner lebten im betreuten Wohnen vielmehr ein „weitgehend unabhängiges Leben“.

Steuerbefreit seien zwar Leistungen der ambulanten Pflege. Die von dem Betreiber angebotene Grundversorgung zähle dazu aber nicht. Auch wenn die GmbH ein Pflegeheim und damit eine steuerbefreite Einrichtung mit sozialem Charakter betreibe, gelte dies nicht für den Bereich des betreuten Wohnens.

Das Finanzgericht Münster urteilte am 25. Januar 2022, dass der Klägerin die Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen zusteht. Nach dem Umsatzsteuergesetz seien „die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmten Einrichtungen erbracht werden.“

Danach zählten auch die Bewohner des betreuten Wohnens zum erforderlichen Kreis der hilfsbedürftigen Personen. Sie litten an „altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen“. Die Leistungen gehörten zur ambulanten Pflege und seien auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Neben verschiedenen ambulanten Pflegeleistungen seien auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und die bedarfsweise kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Waschen der Kleidung umsatzsteuerfrei. Denn diese Leistungen dienten hier der Behebung „altersspezifischer Einschränkungen“ und würden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht.

Quelle: © Fachanwalt.de

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