Sozialrecht

Mietbürgschaft entbindet Jobcenter nicht von Unterkunftsleistungen

Zuletzt bearbeitet am: 03.07.2024

Karlsruhe (jur). Bürgen Eltern für die Mietzahlung ihres im Hartz-IV-Bezug stehenden erwachsenen Kindes, ist das Jobcenter trotzdem zur Übernahme der Unterkunftskosten verpflichtet. Es spielt für den Hartz-IV-Anspruch keine Rolle, wenn der Arbeitslose in seinem Mietvertrag noch einen Bürgen für Mietzahlungen benennt, entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem am Freitag, 16. August 2013, veröffentlichten Urteil (Az.: S 12 AS 601/13).

Damit kann sich das Jobcenter des Landkreises Raststatt nicht um die Zahlung von Unterkunftskosten für einen 23-jährigen Hartz-IV-Bezieher drücken. Der Mann bewohnt seit Dezember 2012 eine 35 Quadratmeter große möblierte Wohnung. Laut Mietvertrag bürgt die Mutter für die Warmmiete in Höhe von monatlich 370 Euro.

Als der Arbeitslose kurz nach seinem Einzug Hartz IV beantragte, bewilligte das Jobcenter zwar Leistungen für den Lebensunterhalt, die Unterkunftskosten wollte die Behörde jedoch nicht übernehmen. Begründung: Die Mutter bürge für die Miete und zahle diese auch derzeit. Damit habe der Arbeitslose keine „tatsächlichen Aufwendungen“ für Unterkunftskosten.

Außerdem sei er vor dem 25. Lebensjahr bei seiner Mutter aus- und in die neue Wohnung eingezogen. In solch einem Fall hätte der Hartz-IV-Bezieher bei der Behörde um Erlaubnis nachfragen müssen. Der Umzug sei zwar vor der Hartz-IV-Antragstellung geschehen, es bestehe jedoch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Hilfebedürftigkeit und dem Abschluss des Mietvertrages. Schließlich sei die Wohnung auch unangemessen teuer, rügte die Behörde.

Das Sozialgericht ließ den ablehnenden Bescheid des Jobcenters in seinem Urteil vom 6. August 2013 nicht durchgehen und verpflichtete die Behörde zur Zahlung der Unterkunftskosten. Auch wenn die Mutter für die Mietzahlung ihres Sohnes bürgt, müsse die Behörde nach den gesetzlichen Bestimmungen den „öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch“ erfüllen.

Der Einwand, dass der Kläger den Umzug vom Jobcenter hätte genehmigen lassen müssen, greife ebenfalls nicht. Der junge Mann sei wegen psychischer Probleme und Schwierigkeiten in seinem Elternhaus ausgezogen. Allein dies sei schon ein Grund, weshalb das Jobcenter den Umzug sowieso hätte erlauben müssen. Letztlich sei die Genehmigung aber gar nicht erforderlich, betonte das Sozialgericht. Denn der Hartz-IV-Bezieher sei vor seiner Antragstellung umgezogen. In diesem Fall müsse das Jobcenter dem Umzug auch nicht zustimmen.

Schließlich sei die Wohnung auch nicht unangemessen teuer. Das Jobcenter habe selbst zugegeben, dass es kein schlüssiges Konzept habe, wann eine Wohnung angemessen ist und damit finanziert werden muss. In solch einem Fall gelten die Miethöchstbeträge im Wohngeldgesetz zuzüglich eines pauschalen Aufschlags in Höhe von zehn Prozent. Der vom Kläger zu zahlende Mietpreis liege in diesem Rahmen.

Quelle:© www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Sozialrecht Sozialgericht Aachen: Reha-Karre für soziale Teilhabe

Das Sozialgericht Aachen entschied unter dem Aktenzeichen S 19 SO 112/23 , dass eine schwerbehinderte Frau Anspruch auf eine "Reha-Karre" hat. Das Urteil betont die Bedeutung der gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Teilhabe an Freizeitaktivitäten gefordert Die 36-jährige Klägerin, die an spastischer Tetraparese und Tetraplegie leidet, klagte vor dem Sozialgericht Aachen auf die Bewilligung einer "Reha-Karre", einem speziellen Fahrradanhänger für behinderte Erwachsene. Ihre Familie und Freunde unternehmen regelmäßig Fahrradausflüge, an denen die Klägerin ohne diese spezielle Vorrichtung nicht teilnehmen kann. Die Mutter der Klägerin ... weiter lesen

Sozialrecht Bundessozialgericht: Arbeitsunfall trotz privater Fahrt möglich

Das Bundessozialgericht (Az. B 2 U 15/22 R ) hat entschieden, dass ein Arbeitsunfall vorliegen kann, wenn nach einem privaten Ausflug Arbeitsschlüssel abgeholt werden. Unfall nach privatem Ausflug auf dem Weg zur Arbeit Die Klägerin hatte nach einem privaten Wochenendausflug einen Unfall, als sie auf dem Weg zurück zu ihrer Wohnung war. In der Wohnung befanden sich Arbeitsschlüssel und Unterlagen, die sie vor Arbeitsantritt bei der Eröffnung eines Gemeindezentrums benötigte. Auf diesem Weg verunglückte sie mit ihrem Auto schwer, nur wenige Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Zuvor war sie für ein Wochenende privat unterwegs und wollte die ... weiter lesen

Sozialrecht Verwaltungsgericht Berlin erkennt tödlichen Wespenstich als Dienstunfall an

Ein Lehrer starb nach einem Wespenstich bei einer dienstlichen Veranstaltung. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied, dass dies als Dienstunfall gilt (Az.: VG 7 K 394/23 ) . Tödlicher Wespenstich bei Lehrertreffen: Senatsverwaltung verweigert Anerkennung als Dienstunfall Der verstorbene Lehrer, der als Beamter in Berlin tätig war, nahm an einem Arbeitstreffen in einem Ruder-Club teil. Es handelte sich um den letzten Tag der Sommerferien und das Treffen diente zur Vorbereitung des neuen Schuljahres. Der Lehrer wies seine Kollegen darauf hin, dass er gegen Wespenstiche allergisch sei und ausgerechnet an diesem Tag sein Notfallmedikament nicht dabei habe. Kurz nach ... weiter lesen

Sozialrecht BSG-Urteil: Pflegebedürftige Heimbewohner erhalten Anspruch auf kostenlosen ÖPNV

Das Bundessozialgericht (Az.: B 9 SO 14/23 R ) hat entschieden, dass Heimbewohner, die Hilfe zur Pflege beziehen und schwerbehindert sind, Anspruch auf unentgeltliche Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) haben. Schwerbehinderte Heimbewohnerin fordert Erstattung von ÖPNV-Kosten Die Klägerin, eine schwerbehinderte Bewohnerin eines Pflegeheims, erfüllte aufgrund ihrer Mobilitätseinschränkungen und dem Merkzeichen G die Voraussetzungen für die kostenfreie Nutzung des ÖPNV. Obwohl sie über eigenes Einkommen verfügte, reichte dieses nach Abzug der Heimkosten nicht aus, um ihren Lebensunterhalt vollständig zu sichern.Der Sozialhilfeträger übernahm ... weiter lesen

Ihre Spezialisten